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50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs in Epidemiologie, Medizinischer Biometrie und medizinischer Informatik

Meeting Abstract

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  • Johannes Forster - St. Josefskrankenhaus, Freiburg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds649

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Published: September 8, 2005

© 2005 Forster.
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Einleitung

Die Sitzung, die durch diesen Vortrag eingeleitet wird, dient dem Erfahrungsaustausch über verschiedene Curricula des Querschnittbereiches „Epidemiologie, medizinische Biometrie und medizinische Informatik“. Die Mehrzahl der Curricula wird im 2. Studienabschnitt gemäß der Approbationsordnung für Ärzte (2002) verwirklicht, nur wenige in Modellstudiengängen. Die 17 eingereichten Kurzbeschreibungen lassen folgendes Profil erkennen: Durchführung der Lehrveranstaltungen in einem Block (n=9) – an mehreren Terminen (n=8); Zusammenbindung der Lehrveranstaltung mit klinischem Unterricht (n=3) – Einbindung klinischer Lehrer ist bei einigen der übrigen vorhanden; das Curriculum erscheint Lehre-orientiert (n=2) – intermediär (n=11) – Lerner-orientiert (n=5). Von jedem der dargestellten Curricula werden die Kollegen der anderen Hochschulen profitieren – insbesondere in organisatorischer Hinsicht. Das Einführungsreferat geht komplementär auf die Grundlagen der Curriculumsplanung, die Studenten-orientierte Durchführung und die Nachhaltigkeit der Ausbildung ein.

Von der Approbationsordnung zum Curriculum

„Ziel der ärztlichen Ausbildung ist der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt, der zu eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufausbildung, zur Weiterbildung und ständigen Fortbildung befähigt ist“.

Dieses ist das anspruchsvolle Ausbildungsziel der Approbationsordnung 2002 für Ärzte, erstaunlicherweise werden danach im wesentlichen nur zu erwerbende Kenntnisse und Fertigkeiten aufgezählt, keine komplexen Fähigkeiten (Kompetenzen), wie sie den Curricula vieler medizinischer Hochschulen weltweit zugrunde liegen. Andererseits lassen sich die Kompetenzen, die den deutschen Arzt ausmachen, leicht aus der Approbationsordnung destillieren [1]. Sie manifestieren sich in Rollen, die ein erfolgreicher Arzt ausfüllen muss [2]. Die einzelne Fakultät kann durch die Gewichtung der Kompetenzen, die dort erlernt werden können, ihr Profil verdeutlichen. Kompetenzen und Rollen (eigentliche Ausbildungsziele) finden sich dann sogar in Leitbildern wieder.

Kompetenz-basierte Curricula entstehen durch „retrogrades Programmieren“.

Vom Ziel her werden die zur Erreichung notwendigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse bestimmt, über den Zeitverlauf des Studiums (horizontal) verteilt und (vertikal) mit den klinischen/wissenschaftlichen Inhalten verknüpft.

Diese Verknüpfung findet sich dann nicht nur in den Lernveranstaltungen, sondern auch in den Prüfungen wieder [3], [4].

Die meiste Literatur über Kompetenz-basierte Curricula findet sich unter dem Stichwort „outcome-oriented curricula“. Für die Literatursuche sind dies zwar praktisch Synonyma, in der Zielsetzung lassen einige outcome-oriented curricula jedoch den Anspruch vermissen, komplexe Fähigkeiten vermitteln zu wollen [5].

Von der Lehre zum Lernen

Dieses Kapitel benutzt das Beispiel der evidenzbasierten Medizin. Die kompetente Ausübung setzt das Erreichen der wichtigsten Lernziele des Querschnittbereiches voraus [6]. Das entsprechende gilt zwanglos für Kompetenzen, die der Profilbildung dienen (Entwicklung von Studien-Designs [forschungs-orientiert]; Qualitätskontrolle [public health-orientiert]).

Nach der Devise „what you assess is what you get“ war und ist es immer möglich, zu jedem Zeitpunkt des Studiums prüfungsgetriebene Curricula zu implementieren. Jedem klinischen Lehrer waren allerdings die hohen Amnesieraten der Studenten für die Inhalte des „Biomathe-Kurses“ ein Greul – selbst einfache Lerninhalte konnten im klinischen Kontext nicht nutzbringend reaktiviert werden. Das Konzept des Lerner-orientierten Curriculums versucht unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse Inhalte des Querschnittbereichs mit denen der aktuellen Ausbildungs-Veranstaltungen zu verknüpfen. Anlässe, Kenntnisse und Fertigkeiten der EBM zu erwerben, gibt es im ersten Studienabschnitt. Gleichwohl sind sie inhaltsbedingt schwierig zu vermitteln, z. B. in der medizinischen Psychologie/Soziologie deren Test- bzw. Prognoseverfahren.

Mit Beginn des 2. Studienabschnittes ergeben sich sofort breit gefächerte Möglichkeiten: Begreifen der klinischen Untersuchung als Testverfahren, Diagnosesicherheit als Ergebnis der Anwendung von (Abfolgen von) Untersuchungen und Tests, Verständnis von Wirkungs- und Nebenwirkungswahrscheinlichkeiten einer Therapie, Wahrscheinlichkeiten in der Prognose-Abschätzung und anderes mehr. Die dem finalen Ausbildungsziel entsprechende Kompetenz bildet sich dann ab in z. B. Teilnahme an der abwägenden Diskussion einer Therapieentscheidung oder Mitteilung einer Prognose und Diskussion therapeutischer Optionen bei einem Patienten.

Während der Lernerfolg bei einem auf EBM fokusierten Kurs leicht zu ermessen ist [7], sind die kompetenz-bezogenen Lernerfolge weniger leicht zu messen [4], [8]. Letztlich ist aber das Medizinstudium der Ausbildungsplatz mit den meisten Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen den Lerninhalten des Querschnittbereiches und der späteren Berufstätigkeit. Nach dem Examen werden die Inhalte des Querschnittbereiches nur noch bedarfsbezogen wahrgenommen [9].

Vom Gelernten zur Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit entsteht einmal – wie oben gezeigt – durch Lernen im Ausbildungs-(Alltags-)Kontext. Bis dieser in jedem Curriculum verankert ist, wird zweifelsohne jedoch noch viel Zeit vergehen. Ein Parallelweg, Nachhaltigkeit zu fördern, ist die Anwendung des Motto „what you appreciate is what you get“. Was nichts anderes heißt, als im Alltag eine EBM-Kultur zu etablieren, an die die Studenten dann assimilieren. Ein EBM-lebender klinischer Lehrer übt seine Faszination eben auch im Rahmen einer Vorlesung aus [10]. Auch im Ausbildungsbereich des praktischen Jahres, in dem die Studenten dem wirklichen Arztsein schon sehr nahe sind, steigt noch einmal die Nachfrage nach den Inhalten des Querschnittbereiches. Dieser Nachfrage könnte in einem aktuellen Blockkurs Rechnung getragen werden [11], ideal wäre natürlich eine Kollegenschaft, die die Inhalte fortwährend am Kranken(- Bett) vermittelt [12].

Zusammenfassung

Kompetenz in Bezug auf die Inhalte des Querschnittbereiches „Epidemiologie, medizinische Biometrie und medizinische Informatik“ widerspiegelt sich in den Rollen und Kompetenzen, die ein Arzt am Ende seiner Ausbildung erfüllen muss. Die Fakultäten können durch Betonung einzelner Kompetenzen ihr Profil schärfen. Erreicht werden diese komplexen Fähigkeiten durch einen entsprechenden Curriculums-Aufbau (retrogrades Programmieren) und die Demonstration des alltäglichen Benutzens und Nutzens durch Ausbilder und Kliniker. Dabei verdankt der Querschnittsbereich seinen Namen seiner Inhalts-Vielfalt, curricular nachhaltig verwirklicht werden kann er nur als Längsschnittfach.


Literatur

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Öchsner W, Forster J. Approbierte Ärzte - kompetente Ärzte? Die neue Approbationsordnung für Ärzte als Grundlage für kompetenzbasierte Curricula. GMS Z Med Ausbild 2005;22:Doc4 (http://www.egms.de/de/journals/zma/2005-22/zma000004.shtml)
2.
Frank JR, Jabbour M, Tugwell P, et al. Skills for the new millenium: report of the societal needs working group, CanMEDS 2000 Project. Annals Royal College of Physicians and Surgeons of Canada 1996;29:206-216. (http://rcpsc.medical.org/canmeds/CanMEDS_e.pdf)
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Shumway JM, Harden RM; Association for Medical Education in Europe. AMEE Guide No. 25: The assessment of learning outcomes for the competent and reflective physician. Med Teach. 2003 ;25:569-84
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Hilgers RD, Feldmann U, Jöckel KH, Klar R, Rienhoff O, Schäfer H, Selbmann HK, Wichmann HE.Empfehlungen zur Umsetzung der Approbationsordnung für Ärzte vom 27.6.2002 in den Fächern Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik. GMS Med Inform Biom Epidemiol 2005; 1:Doc05 (http://www.egms.de/en/journals/mibe/2005-1/mibe000005.shtml)
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Fritsche L, Greenhalgh T, Falck-Ytter Y, Neumayer HH, Kunz R. Do short courses in evidence based medicine improve knowledge and skills? Validation of Berlin questionnaire and before and after study of courses in evidence based medicine. BMJ. 2002;325:1338-41
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Holloway R, Nesbit K, Bordley D, Noyes K. Teaching and evaluating first and second year medical students' practice of evidence-based medicine. Med Educ. 2004;38:868-78
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Straus SE, Green ML, Bell DS, Badgett R, Davis D, Gerrity M, Ortiz E, Shaneyfelt TM, Whelan C, Mangrulkar R; Society of General Internal Medicine Evidence-Based Medicine Task Force. Evaluating the teaching of evidence based medicine: conceptual framework. BMJ. 2004;329:1029-32
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Grass G; Stosch C; Griebenow R. Medizinstudium: Renaissance der Vorlesung -Durch Integration der evidenzbasierten Medizin erhält die klinische Hauptvorlesung einen neuen Stellenwert. Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 23 vom 10.06.2005, Seite A-1642 (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikeldruck.asp?id=47153)
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Thom DH, Haugen J, Sommers PS, Lovett P. Description and evaluation of an EBM curriculum using a block rotation. BMC Med Educ. 2004;4:19
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Ismach RB. Teaching evidence-based medicine to medical students. Acad Emerg Med. 2004;11:e6-10