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50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Repräsentation von Variabilität in einem dreidimensionalen anatomischen Atlas am Beispiel der Niere

Meeting Abstract

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  • Silke Hacker - UKE, Hamburg
  • U. Tiede - UKE, Hamburg
  • H. Handels - UKE, Hamburg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds505

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds403.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Hacker et al.
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Einleitung

Dreidimensionale anatomische Atlanten spielen in der medizinischen Ausbildung, Therapieplanung und Diagnostik eine zunehmend wichtigere Rolle und haben inzwischen eine hohe Qualität erreicht. Gegenüber der statischen Darstellung in Büchern ermöglichen sie eine interaktive Explorierbarkeit der menschlichen Anatomie und machen dadurch räumliche Zusammenhänge für einen Betrachter anschaulicher und begreifbarer. In der Regel basieren solche Atlanten jedoch nur auf einem Individuum und sind nicht repräsentativ für die menschliche Anatomie im Allgemeinen. Anatomische Strukturen weisen jedoch zum Teil große inter- und intra-individuelle Unterschiede bezüglich ihrer Form und Größe auf, zum einen aufgrund natürlicher Variabilität und zum anderen in Abhängigkeit von Faktoren wie z.B. Alter, Geschlecht, Krankheiten und Lebensgewohnheiten. Da die morphologische Variabilität in vielen medizinischen Fragestellungen eine wichtige Rolle spielt, verfolgt unsere Arbeitsgruppe das Ziel, ein Körpermodell zu entwickeln, das die Formenvariabilität von ausgewählten anatomischen Strukturen in geeigneter Weise repräsentieren kann.

Material und Methoden

Die Grundlage für dieses Projekt bildet der an unserem Institut entwickelte VOXEL-MAN-Atlas der inneren Organe, der auf den fotografischen Datensätzen des Visible Human Projektes basiert [1]. Für die Modellierung der anatomischen Formen und deren Variabilität haben wir die M-reps („medial representation“) verwendet, die eine parametrisierte Beschreibung von Objekten auf der Basis ihrer Mittelachsen bzw. -flächen ermöglichen. Eine genaue Beschreibung des Konzeptes und der Anwendung von M-reps findet sich in [2], [3]. Die M-reps besitzen ein figurenbezogenes Koordinatensystem, auf dessen Basis eine geometrische Korrespondenz zwischen verschiedenen Formvarianten definiert werden kann [2]. Für eine statistische Analyse von M-rep-Modellen wurde die klassische Hauptkomponentenanalyse von Fletcher et al. [4] erweitert („principal geodesic analysis“), so dass sie auch für die M-rep-Parameter anwendbar ist, die u.a. auch Winkel beinhalten.

Die Entwicklung der Methodik zur Integration von Formmodellen in den VOXELMAN-Atlas erfolgte anhand eines M-rep-Modelles der linken Niere, das auf der Basis von CT-Datensätzen erstellt wurde und uns für 48 Formausprägungen verschiedener Individuen zur Verfügung stand. Für die Verknüpfung der Nierenmodelle mit dem Volumenmodell haben wir auch ein M-rep-Modell der Visible Human Niere erstellt, welches als Referenz dient und die gleiche Struktur aufweist wie die übrigen Nierenmodelle (d.h. die medialen Graphen sind äquivalent), so dass eine geometrische Korrespondenz zwischen den M-rep-Modellen gewährleistet werden kann. Um neben einer oberflächenbasierten Darstellung der Formvarianten auch eine volumenbasierte Darstellung zu ermöglichen, wurde auf der Basis der M-rep-Koordinaten ein Verfahren entwickelt, dass die Verformung von Organen aus dem Volumenmodell nach Maßgabe der M-rep-Formbeschreibung ermöglicht.

Ergebnisse

Durch die Integration der M-rep-Formbeschreibung in den VOXEL-MAN-Atlas ist es nun möglich, innerhalb des Atlasses verschiedene Ausprägungen eines Organs, in unserem Beispiel der Niere, abzufragen und zu visualisieren. Sind Daten zu den einzelnen Formvarianten verfügbar, wie z.B. Alter, Geschlecht und ggf. Pathologie, so können diese vom Benutzer abgefragt werden. Neben der Darstellung individueller Formvarianten ist es z.B. auch möglich sich die mittlere Form eines Kollektivs von Objekten anzeigen zu lassen (siehe Abb. 1 [Abb. 1]).

In einem ersten Schritt lassen sich die Formvarianten der Niere als Oberflächenmodell anzeigen, welches sich aus dem M-rep-Modell sehr schnell errechnen lässt. Auf diese Weise kann man sich rasch einen Überblick über die Formenvariabilität eines Kollektivs von Organen verschaffen. Darüber hinaus ist auch eine Volumendarstellung der Formvarianten möglich, die sich aus einer Verformung der Referenzniere aus dem Volumenmodell ergibt. Hiermit werden eine realistische visuelle Darstellung der Formvarianten und auch die Visualisierung von Texturen des Organinneren, z. B. durch das Setzen von Schnitten ermöglicht. Sinnvoll ist dies natürlich nur, wenn es sich hierbei nicht um eine pathologische Variante handelt, die sich in seiner Struktur von einer gesunden Niere wesentlich unterscheidet.

Diskussion

Durch die Verknüpfung eines volumenbasierten Atlasses mit der M-rep-Formbeschreibung werden die Vorteile beider Methoden kombiniert. Das Volumenmodell ermöglicht eine realistische Darstellung anatomischer Strukturen und die M-reps eine kompakte Beschreibung von Formenvariabilität. Der VOXEL-MAN-Atlas stellt zudem eine umfangreiche anatomische Wissensbasis in Form eines semantischen Netzwerkes zur Verfügung, die es erlaubt, anatomische Strukturen abzufragen [1].

Zu unseren nächsten Schritten gehört die Extraktion von geeigneten Formparametern aus den M-rep-Modellen, die eine Charakterisierung und ggf. auch eine Klassifizierung verschiedener Formvarianten ermöglichen. Weiterhin sollen verschiedene Visualisierungstechniken für die Darstellung von Formunterschieden eines Organs implementiert werden.

Danksagung

Wir bedanken uns bei Prof. Höhne für die Initiierung dieses interessanten Projektes. Stephen Pizer und der Bildverarbeitungsgruppe (MIDAG) von der UNC in Chapel Hill, USA danken wir für die Bereitstellung der Software „Pablo“ und der Unterstützung bei allen Problemen und Fragen bezüglich der M-reps. Den Mitarbeitern der Radioonkologie an der UNC danken wir für die freundliche Überlassung der Nierendaten. Dieses Projekt wird unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (AZ TI 347/1-1).


Literatur

1.
Höhne K H, Pflesser B, Pommert A, Riemer M, Schubert R, Schiemann T, Tiede U, Schumacher U. A Realistic Model of Human Structure from the Visible Human Data. Method Inform Med. 40; 2001: 83-89.
2.
Joshi S, Pizer S M, Fletcher P T, Yushkevich P, Thall A, Marron J S. Multiscale deformable model segmentation and statistical shape analysis using medial descriptions. IEEE Trans Med Imaging, vol. 21; 2002: 538-50.s
3.
Pizer S M, Fletcher P T, Joshi S C, Stough J, Thall A, Chen J Z, Fridman Y, Fritsch D S, Gash G, Glotzer J M, Jiroutek M R, Lu C, Muller K E, Tracton G, Yushkevich P A, Chaney E L. Deformable M-reps for 3D Medical Image Segmentation. IJVC, vol. 55, 2003.
4.
Fletcher P T, Joshi S, Lu C Pizer S M. Gaussian Distribution on Lie Groups and their application to Statistical Shape Analysis. IPMI, 2003.