gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Probleme einer Clusteruntersuchung im Krebsregister Münster

Meeting Abstract

  • Martin Lehnert - Epidemiologisches Krebsregister für den Regierungsbezirk Münster, Münster
  • V. Mattauch - Epidemiologisches Krebsregister für den Regierungsbezirk Münster, Münster
  • V. Krieg - Epidemiologisches Krebsregister für den Regierungsbezirk Münster, Münster
  • H.W. Hense - Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster, Münster

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds504

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds068.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Lehnert et al.
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Fragestellung

Die Besorgnis der Bürgerinitiative „WDR-Baumberg“ hinsichtlich einer Häufung von Krebserkrankungen in der Umgebung einer Rundfunk- und Fernsehsendeanlage veranlasste uns zu einer kleinräumigen Analyse von Daten des Epidemiologischen Krebsregisters für den Regierungsbezirk Münster (EKR-MS).

Methode

Die drei Gemeinden Havixbeck, Billerbeck und Nottuln (HaBiNo), deren Ortskerne etwa in gleicher Entfernung von der Sendeanlage liegen, haben zusammen etwa 40.000 Einwohner. Die Inzidenz in dieser Region wurde in Form von Standardized Incidence Ratios (SIR) für den Zeitraum 1998 bis 2002 der Inzidenz in drei unterschiedlichen Referenzregionen aus dem Regierungsbezirk Münster gegenüber gestellt. Als Referenzpopulation 1 wurde die Bevölkerung des gesamten Regierungsbezirks Münster, als Referenzpopulation 2 die Bevölkerung der geographisch umgebenden Kreise Steinfurt, Coesfeld und Stadt Münster und als Referenzpopulation 3 allein der umgebende Kreis Coesfeld gewählt. Die HaBiNo-Population wurde dabei jeweils ausgeschlossen. Des Weiteren wurden direkt altersstandardisierte Inzidenzraten (aIR) in den Jahren 1998 bis 2002 auf Basis der Europastandardpopulation für alle Gemeinden des Regierungsbezirks berechnet und amtliche Mortalitätsdaten analysiert.

Ergebnisse

Die aIR (Europa) in der Gruppe der Lymphome und Leukämien (C81-C96) betrug in der Region HaBiNo 39 je 100.000 Einwohner. Bezüglich der Referenzpopulationen 1 und 2 ergaben sich statistisch signifikant erhöhte SIR, die bei Männern SIR = 1,54 [95%-Konfidenzintervall 1,16; 2,04] bzw. SIR = 1,51 [1,14; 2,01] und bei Frauen SIR = 1,53 [1,14; 2,05 ] bzw.SIR = 1,50 [1,12; 2,00] betrugen. Für andere Entitäten (Mamma, Lungenkrebs und alle Neoplasien gemeinsam) fanden sich dagegen keine statistisch signifikant erhöhten SIR. Gegenüber der Referenzpopulation 3 ergaben sich dagegen deutlich reduzierte SIR von 1,23 [0,97; 1,63] für Männer und 1,14 [0,85; 1,53] für Frauen. Die altersstandardisierten Mortalitätsdaten für die HaBiNo-Population ergaben hinsichtlich der Leukämien und Lymphome im Vergleich zum gesamten Regierungsbezirk statistisch nicht signifikante Erhöhungen von 10% bei Männern und 7% bei Frauen. Die Analyse der geographischen Verteilung (Gemeindeebene) der aIR erbrachte Hinweise auf einen abnehmenden Gradienten vom Zentrum des Regierungsbezirks (wo sich u. a. HaBiNo befindet) zur Peripherie hin.

Diskussion

Unsere Arbeit zeigt verschiedene Probleme bei der Untersuchung so genannter Cluster auf. Die Beschränkung der untersuchten Population auf drei Orte (HaBiNo) ergibt sich durch die verwaltungstechnische Ortskategorisierung, die im EKR-MS primär verfügbar ist, und nicht durch physikalisch-technische Vorgaben, die eher der vermuteten Exposition durch den Sender entsprechen. Des Weiteren zeigte sich, dass die Auswahl der Referenzregion von Bedeutung für die Interpretation ist. Die abnehmende SIR bei geographischer Einengung der Referenzpopulation kann verschiedene Erklärungen haben. Sie kann als Hinweis auf ein kreisspezifisch erhöhtes Risiko interpretiert werden (z. B. durch die hier hohe Belastung durch Landwirtschaft). Inzidenzunterschiede könnten aber auch durch eine Untererfassung von Lymphomen und Leukämien in den Randregionen des Regierungsbezirks erklärt werden. Anhand des zur Verfügung stehenden Analysematerials kann die Studien-Hypothese eines erhöhten Risikos durch den Sendemast aus unserer Sicht nicht gestützt werden.