gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Erfassung und Quantifizierung komplexer Bewegungsmuster während des Koordinationstrainings in einem Dreiachstrainer

Meeting Abstract (gmds2004)

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  • corresponding author presenting/speaker Klaus-Hendrik Wolf - Institut für Medizinische Informatik, Technische Universität Braunschweig, Braunschweig, Deutschland
  • Dietrich Peter Pretschner - Institut für Medizinische Informatik, Technische Universität Braunschweig, Braunschweig, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds342

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2004/04gmds342.shtml

Published: September 14, 2004

© 2004 Wolf et al.
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Text

Einleitung

Im Rahmen der Bewegungstherapie von Patienten mit Problemen im Bereich der posturalen Muskulatur (z.B. Rückenschmerzpatienten) gewinnt das Koordinationstraining zunehmend an Bedeutung [1]. Ein besonders viel versprechender Ansatz ist in diesem Umfeld das therapeutische Training in so genannten Dreiachstrainern [2], [3]. Die Fragestellung eines Forschungsprojekts am Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig ist: Wie kann dieses empirisch erfolgreiche Training mit Hilfe von Informationstechnologie quantifiziert, unterstützt und verbessert werden? Im Folgenden wird aus diesem umfangreichen Forschungsvorhaben speziell der Aspekt der Messtechnik vorgestellt.

Material und Methoden

Im Rahmen der Untersuchung wurde ein Dreiachstrainer der Marke Spacecurl von der Firma Physiobörse verwendet [Abb. 1]. Er besteht aus drei Metallringen mit je etwa zwei Meter Durchmesser, die kardanisch in einer Halterung gelagert sind. Der Patient wird an den Füßen mit dem innersten Ring verbunden. Durch die kardanische Aufhängung ist der innere Ring in allen drei rotatorischen Freiheitsgraden beweglich.

Der Dreiachstrainer wird im Wesentlichen durch Aktionen des Patienten bewegt. Der Therapeut greift selten unmittelbar korrigierend ein. Der Patient befindet sich zunächst in einer normalen bipedalen Standposition. Verändert der Patient seine Haltung und damit den Schwerpunkt, reagiert der Dreiachstrainers direkt. Durch die intensiv erlebte Rückkopplung wird die normale Gleichgewichtssituation verstärkt und die Körperhaltung wesentlich bewusster wahrgenommen.

Das Stellen und Vermitteln von Bewegungsaufgaben und die Kontrolle und Bewertung der durchgeführten Bewegungen erfolgt durch den Therapeuten. Dieser vergleicht bei seiner Bewertung die komplexeren Bewegungsmuster des Patienten im Dreiachstrainer mit den während seiner Tätigkeit gesammelten Erfahrungen. Die so erzielten Ergebnisse nur schwer objektivierbar, kaum zu quantifizieren und nur schwer zu dokumentieren.

Aus diesem Problemfeld resultiert der Bedarf einer Unterstützung des Trainings durch informationstechnische Werkzeuge. Ein laufendes Forschungsprojekt untersucht den gesamten Trainingsablauf von der Definition von Aufgaben, über die Zusammenstellung von Trainingseinheiten, die Visualisierung von Bewegungsaufgaben, die Kontrolle der Bewegungsausführung durch Messungen, die objektive Bewertung und die Dokumentation des Trainingsfortschritts.

Die Bewegung der Ringe, die eine Reaktion auf die Aktionen des Patienten darstellen, sind zentraler Angelpunkt bei der Messung der Bewegungsmuster im Dreiachstrainer. Die Lage der Ringe wird als Indikator für die Patientenposition genutzt, um dem Patienten die Bewegungsaufgabe in Abhängigkeit von seiner aktuellen Position zu visualisieren, um die Bewegungsausführung zu kontrollieren und das Training zu dokumentieren.

Ergebnisse

Die messtechnische Erfassung der Ringpositionen ist von verschiedenen Rahmenbedingungen abhängig. Zunächst soll die Bewegung des inneren Ringes mit hinreichender zeitlicher und örtlicher Genauigkeit bestimmt werden. Ein vorhandener Dreiachstrainer soll möglichst einfachumgerüstet werden können. Der Einsatz der Sensorik muss praktikabel sein. Weiterhin sollen die Kosten für die Sensorik in vernünftigem Verhältnis zu den Kosten für das Trainingsgerät stehen. Von besonderer Bedeutung ist natürlich die Verfügbarkeit.

Einige Technologien zur Bestimmung der Orientierung von Objekten im Raum sind aufgrund der speziellen Anforderungen nicht geeignet oder in der benötigten Ausprägung nicht vorhanden.

So hat ein elektromagnetisches Trackingsystem viele positive Eigenschaften und wird daher in vielen Anwendungsszenarien eingesetzt. Das größte Problem beim Einsatz elektromagnetischer Trackingsysteme ist die Störung durch metallische Objekte. Selbst für unempfindlichere, mit getaktetem Gleichstrom arbeitende Tracker stellt der Spacecurl eine zu große Störungsquelle dar.

Optische Trackingsysteme sind gerade im medizinischen Umfeld weit verbreitet. Sie sind sehr genau, unempfindlich gegenüber Störungen und kommerziell in verschiedensten Konfigurationen verfügbar. Ausschlusskriterium ist hier der extrem hohe Preis, der den Anschaffungspreis des Dreiachstrainers überschreitet und zusätzlich der immense Installationsaufwand.

Grundsätzlich geeignet wäre ein akustisches Trackingverfahren. Eine genauere Evaluation dieses Verfahrens scheiterte jedoch an der mangelnden Verfügbarkeit.

Zur genaueren Evaluation bleiben das mechanische Tracking und inertiale Sensoren. Beide Systeme lassen sich vergleichsweise kostengünstig realisieren und erfüllen auch die übrigen Kriterien.

Das mechanische Tracking ist dem inertialen in den Punkten Kosten und Genauigkeit überlegen. Großer Nachteil dieser Methode ist jedoch die mangelnde Verfügbarkeit für den speziellen Anwendungsfall und der im Vergleich zum inertialen Tracking höhere Installationsaufwand. An jeder bewegliche Verbindung zwischen den Ringen muss ein Geber die Rotation erfassen. Die drei Sensoren müssen die Daten an eine Station außerhalb des Dreiachstrainers übermitteln. Aufgrund der Bauweise des Spacecurls und der geforderten einfachen Installation bleibt hier nur die drahtlose Übertragung, die auf mindestens zwei unabhängigen Kanälen erfolgen muss (der dritte Sensor kann drahtgebunden arbeiten). Als Übertragungstechnologie wäre hier Bluetooth-Datenfunk zu empfehlen, der ausreichende Datenraten bei mehreren Kanälen erreicht. Entsprechende Module sowohl für die Geber- als auch Empfängerseite sind kostengünstig verfügbar.

Inertiales Tracking bietet gegenüber den andern Technologien den Vorteil, dass es direkt im inneren Ring installiert werden kann und aufgrund der Gravitation die Orientierung dieses Ringes in zwei Dimensionen hinreichend exakt bestimmen kann. Entsprechende Messsensorik ist kostengünstig verfügbar und für die Datenverbindung muss ein deutlich geringerer Aufwand betrieben werden, da alle Daten in einem Kanal übertragen werden können. Negativ sind die geringere Genauigkeit und die Neigung zur Drift. [Tab. 1]

Diskussion

Von den untersuchten Technologien erwiesen sich zwei als geeignet und verfügbar. Auf der einen Seite ist dies das mechanische Tracking, dass die Rotationen sehr genau und driftfrei erfassen kann. Auf der anderen Seite das inertiale Tracking, bei dem Abstriche hinsichtlich der Genauigkeit gemacht werden müssen, dass aber weniger Ansprüche an die Datenübertragung stellt und eine sehr einfach Installation vor Ort ermöglicht. Da die Genauigkeit der inertialen Sensoren für den Anwendungsfall ausreichen, empfehlen diese sich für das angesprochene Forschungsprojekt.

Danksagung

Für die Unterstützung der Forschung sei insbesondere Herrn Gefeller von der Physiobörse und Herrn Dr. Harter vom FPZ in Köln gedankt.


Literatur

1.
Denner A: Analyse und Training der wirbelsäulenstabilisierenden Muskulatur. Berlin: Springer; 1998
2.
Müller K, Schwesig R, Leuchte S: Evaluation eines Koordinationstrainingsprogrammes zur Sekundärprävention von Rückenschmerzen. Gesundheitssport und Sporttherapie 2001; 2:40-4
3.
Schwesig R, Müller K, Leuchte S: Strukturiertes Koordinationstrainingsprogramm im Spacecurl. Gesundheitssport und Sporttherapie 2001; 3:86-91