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Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ)

05.08. - 09.08.2024, Freiburg, Schweiz

Anforderung unnötiger diagnostischer Bildgebung durch Medizinstudierende während eines simulierten ersten Arbeitstages im Krankenhaus

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Julia Gärtner - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Innere Medizin, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Lisa Bußenius - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Hamburg, Deutschland
  • Sarah Prediger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Innere Medizin, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Sigrid Harendza - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Innere Medizin, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland

Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ). Freiburg, Schweiz, 05.-09.08.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV-17-02

doi: 10.3205/24gma064, urn:nbn:de:0183-24gma0644

Published: July 30, 2024

© 2024 Gärtner et al.
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Hintergrund: Die Auswahl geeigneter diagnostischer Tests spielt im klinischen Alltag eine entscheidende Rolle für die Patient*innensicherheit. Der zunehmende Einsatz von medizinischer Bildgebung lässt Bedenken hinsichtlich übermäßiger Nutzung aufkommen. Wie adäquat Medizinstudierende diagnostische Bildgebung einsetzen, ist nicht bekannt. In dieser Studie untersuchten wir das Anfordern diagnostischer Bildgebung durch Medizinstudierende während eines simulierten ersten Arbeitstages im Krankenhaus.

Methoden: Insgesamt nahmen 492 Medizinstudierende an der Simulation teil. Nach Anamnesegesprächen mit simulierten Patient*innen verwendeten die Studierenden ein elektronisches System zur Anforderung diagnostischer Tests. Unsere Analyse konzentrierte sich auf 16 Patient*innenfälle, die jeweils von mindestens 50 Studierenden bearbeitet wurden. Wir berechneten die Gesamtanzahl der unnötig angeforderten Bilder und die somit unnötige Strahlenbelastung in Millisievert pro Patient*in. Es wurden einseitige t-Tests mit einem erwarteten Mittelwert von null auf einem Bonferroni-korrigierten Signifikanzniveau von ,003 für die unabhängige Variable der unnötigen Strahlenbelastung durchgeführt.

Ergebnisse: Medizinstudierende forderten für alle Patient*innenfälle unnötige diagnostische Bildgebung an, durchschnittlich 0,12±0,33 bis 1,70±0,89 Bilder. Ultraschall, insbesondere Abdomensonografie, Röntgenaufnahmen des Thorax und Abdomen-CTs wurden deutlich übermäßig genutzt. Unnötige Anforderungen von strahlenbelasteter Bildgebung bei nahezu allen Patient*innen führten zu einer mittleren Überbestrahlung von bis zu 1,29±2,95 Millisievert. Ein Drittel der Patient*innen war hiervon signifikant betroffen von individuell bis zu 16 Millisievert.

Diskussion: Die übermäßige Nutzung diagnostischer Bildgebung durch Medizinstudierende kann durch patient*innenbezogene Faktoren wie Angst und medizinische Faktoren wie unzureichende klinische Informationen erklärt werden, die zu kognitiven Verzerrungen bei der klinischen Entscheidungsfindung führen können. Dies legt die Notwendigkeit evidenzbasierter Interventionen nahe, um die übermäßige Nutzung diagnostischer Bildgebung durch Medizinstudierende zu reduzieren, indem die klinische Entscheidungsfindung verbessert und kognitive Verzerrungen reduziert werden. Die Untersuchung studierendenbezogener Faktoren im Zusammenhang mit der übermäßigen Nutzung diagnostischer Bildgebung wäre von zusätzlichem Interesse.

Take Home Message: Die ausgeprägte Anforderung unnötiger diagnostischer Bildgebung durch Medizinstudierende während des diagnostischen Prozesses unterstreicht die Dringlichkeit für gezielte Lehrveranstaltungen zur verbesserten klinischen Entscheidungsfindung und Reduktion von kognitiven Verzerrungen.