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Verlieren unsere Medizinabsolvent*innen ihre Resilienz? Effekt von COVID-19 auf den Resilienzstatus ärztlicher Berufsanfänger*innen
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Published: | July 30, 2024 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat sich die Lehre im Medizinstudium und die Ausbildung im Praktischen Jahr (PJ) stark verändert. Mit Beginn der Pandemie erfolgte eine vollständige Umstellung bisheriger Präsenzlehrformate auf reine Online-Lehre. Auch Studierende im PJ waren mit einer stark veränderten Ausbildung konfrontiert, z.B. durch umfassenden Hygieneregeln auf Station, den Wegfall oder die starke Limitierung von PJ-begleitenden Seminaren und Austausch- sowie praktischen Übungsmöglichkeiten. Diese umfassenden Änderungen und Herausforderungen in der theoretischen und praktischen Ausbildung von Medizinstudierenden können auf psychologische Faktoren, wie bspw. Resilienz, Einfluss nehmen. Resilienz bezeichnet die eigene Widerstandsfähigkeit gegenüber psychischen Belastungen [1] und den Umgang mit Stresssituationen [2]. Eine Studie hat gezeigt, dass COVID-19 einen Einfluss auf die Resilienz hatte [3]. Aus diesem Grund soll untersucht werden, ob sich bei Absolvent*innen der Medizin die Resilienz durch die COVID-19-Erfahrungen im PJ verändert hat.
Methoden: Die Daten der seit 2015 im dreijährigen Turnus durchgeführten Bayrischen Absolventenstudie Medizin (MediBAS) bilden die Grundlage zur Überprüfung der Hypothese. In die Analyse wurden die Daten der zweiten (Messzeitpunkt 2018/19) und dritten (Messzeitpunkt 2022/23) Erhebungswelle von Befragten der Humanmedizin eingeschlossen. Die befragten Absolvent*innen der dritten Erhebungswelle haben unter COVID-19-Bedingungen ihr PJ durchlaufen.
Der Resilienzstatus wurde mit der 10-Item, Likert-skalierten Connor-Davidson Resilience Scale (CD-RISC) (1=„überhaupt nicht wahr“; 5=„fast immer wahr“) erhoben. Es liegt eine ethisch-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (Projekt Nr. 22-0665) der Ethikkommission der Ludwig-Maximilians-Universität München vor.
Ergebnisse: Von Messzeitpunkt zwei (n=573) zu drei (n=428) vergrößert sich die Resilienz signifikant von einem mittleren Wert von M=3,4 (SD=0,8) vor COVID-19 zu einem mittleren Wert von M=3,7 (SD=0,5) während COVID-19. Die Häufigkeitsverteilungen der Resilienzwerte zu beiden Messzeitpunkten verdeutlichen die Verschiebung der Werte auf höhere Skalenwerte von Messzeitpunkt zwei zu drei.
Diskussion: Die COVID-19-Pandemie hat entgegen unserer Erwartungen keinen negativen Einfluss auf die Resilienz, sondern führt zu einer Steigerung der Resilienz bei den befragten Medizinabsolvent*innen. Demnach verbessert sich die Widerstandsfähigkeit von Medizinabsolvent*innen und dadurch auch deren Fähigkeit, herausfordernde Situation trotz widriger Bedingungen zu bewältigen.
Take Home Messages:
- Resilienz sollte im Kontext der Professional Identity Formation gefördert werden.
- Eine hohe Grundresilienz unterstützt Studierende bei der Bewältigung herausfordernder Situationen.
Literatur
- 1.
- Kiesewetter J, Huber J. A primer of an in-depth resilience status for German medical graduates: results of a cross-sectional survey on the status quo of resilience among graduates of human medicine in Bavaria, Germany – a necessary step in building an emotionally equipped healthcare work-force. BMC Med Educ. 2021;21(1):573. DOI: 10.1186/s12909-021-02933-z
- 2.
- Southwick SM, Bonanno GA, Masten AS, Panter-Brick C, Yehuda R. Resilience definitions, theory, and challenges: interdisciplinary perspectives. Eur J Psychotraumatol. 2014;5(1):25338. DOI: 10.3402/ejpt.v5.25338
- 3.
- Quintiliani L, Sisto A, Vicinanza F, Curcio G, Tambone V. Resilience and psychological impact on Italian university students during COVID-19 pandemic. Distance learning and health. Psychol Health Med. 2022;27(1):69-80. DOI: 10.1080/13548506.2021.1891266