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Die Umdeutung körperlicher Stressreaktionen beim Überbingen schwerer Nachrichten: Ergebnisse zum Nutzen einer 10-Minuten-Intervention
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Published: | July 30, 2024 |
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Hintergrund & Zielsetzung: Das Überbringen schlechter Nachrichten wird nicht allein durch die betroffenen Patient*innen, sondern oft auch von den behandelnden Ärzt*innen als belastend erlebt. So zeigen Mediziner*innen mitunter einen erhöhten subjektiven (psychologischen) und objektiven (physiologischen) Stresspegel, wenn sie schlechte Nachrichten überbringen müssen [1]. Medizinstudierende zeigen vergleichbare Reaktionen in Gesprächssituationen mit Simulationspersonen [2]. Es bleibt ungeklärt, wie Studierende gezielt darin unterstützt werden können, funktional mit akuten Stressreaktionen im Zusammenhang mit belastenden Kommunikationsaufgaben umzugehen.
Vor diesem Hintergrund haben wir die Wirksamkeit einer Kurzintervention in Anlehnung an Jamieson et al. [3] untersucht. Diese Intervention soll zur Umdeutung der oft als unangenehm empfundenen körperlichen Stressreaktionen wie ein trockener Mund, der Anstieg von Puls und Atemfrequenz, erhöhtes Schwitzen, etc. anregen, indem die gesprächsführenden Personen erkennen, dass solche Reaktionen ganz normal sind, den Körper auf die schwierige Aufgabe vorbereiten – und letztlich optimale Leistungen begünstigen können.
Methoden: N=100 Medizinstudierende im dritten Studienjahr aus vier Schweizer Universitäten wurden zufällig entweder der Kontrollgruppe (keine Umdeutungsintervention) oder der Experimentalgruppe (mit Umdeutungsintervention) zugeteilt. Alle Teilnehmenden haben sich in einer kontrollierten Lernphase auf die Aufgabe „Simulationsperson eine schlechte Nachricht mitteilen“ vorbereitet. Der Experimentalgruppe wurde ein knapp 10-minütiger Screencast gezeigt, indem das Auftreten sowie die förderlichen Effekte körperlicher Stressreaktionen erläutert und Strategien für eine entsprechende Umdeutung der Valenz derselben angeboten wurden. Der Kontrollgruppe wurde ein inhaltlich neutraler in der Dauer aber identischer Screencast präsentiert. Gemessen wurde u.A. die kardiovaskuläre Aktivität vor, während und nach der Kommunikationsaufgabe.
Ergebnisse: Die Teilnehmenden aus der Interventionsgruppe zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine bedeutsam adaptivere Reaktion auf kardiovaskulären Stress (höheres Herzzeitvolumen, geringerer peripherer Gesamtwiderstand).
Konklusion: Die Wirksamkeit der Kurzintervention „Körperliche Stressreaktionen umdeuten“ ist mit positiven Effekten assoziiert: Durch diese niedrigschwellige Intervention konnten Studierende ihre Stressreaktionen optimieren.
Literatur
- 1.
- Brown R, Dunn S, Byrnes K, Morris R, Heinrich P, Shaw J. Doctors’ stress responses and poor communication performance in simulated bad-news consultations. Acad Med. 2009;84(11):1595-602. DOI: 10.1097/ACM.0b013e3181baf537
- 2.
- Hulsman RL, Pranger S, Koot S, Fabirek M, Karemaker JM, Smets EM. How stressful is doctor-patient communication? Physiological and psychological stress of medical students in simulated history taking and bad-news consultations. Int J Psychophysiol. 2010;77(1): 26-34. DOI: 10.1016/j.ijpsycho.2010.04.001
- 3.
- Jamieson JP, Peters BP, Greenwood EJ, Altose AJ. Reappraising stress arousal improves performance and reduces evaluation anxiety in classroom exam situations. Soc Psychol Pers Sci. 2016;7(6):579-587. DOI: 10.1177/1948550616644656