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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

„Der PJler ist Schuld!“ – Einfluss der Fehlerkultur und des Umgangs mit eigenen Fehlern auf die Verantwortungsübernahme von professionellen Tätigkeiten bei Studierenden im Praktischen Jahr

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Alexander Eißner - Universität Augsburg, Medizinische Fakultät, Department of Medical Education Augsburg (DEMEDA), Augsburg, Deutschland; Universitätsklinikum Augsburg, IV. Medizinische Klinik, Augsburg, Deutschland
  • Thomas Rotthoff - Universität Augsburg, Medizinische Fakultät, Lehrstuhl für Medizindidaktik und Ausbildungsforschung, Department of Medical Education Augsburg (DEMEDA), Augsburg, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV27-01

doi: 10.3205/21gma102, urn:nbn:de:0183-21gma1027

Published: September 15, 2021

© 2021 Eißner et al.
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Einleitung: Auf 1000 Behandlungen kommt es zu ca. einem Todesfall durch einen Behandlungsfehler [1]. Die Fehlerkultur im Krankenhaus hat Einfluss auf die Fehlervermeidung und den eigenen Umgang mit Fehlern. Aktuell dominiert im Krankenhaus noch immer eine Kultur der Schuldzuweisung für Fehler, die bereits von Studierenden beschrieben wird [2].

Im Praktischen Jahr (PJ) sollen Studierende unter Supervision (SV) am Patienten tätig werden und dabei eine hohe Patientensicherheit gewährleistet werden. Anvertraubare Professionelle Tätigkeiten (APT) können über kontinuierliche SV, regelmäßiges Feedback (FB) und punktuelle Beobachtungen ein schrittweises Anvertrauen für ärztliche Tätigkeiten gewährleisten, ohne dabei Patienten zu gefährden [3].

Fragestellung: Welchen Einfluss hat der eigene Fehlerumgang und die wahrgenommene Fehlerkultur auf die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme von Professionellen Tätigkeiten bei Studierenden im PJ?

Methoden: Es wurden leitfadengestützte Einzelinterviews mit PJ-Studierenden durchgeführt. Die Interviews wurden per Sprachaufnahme aufgezeichnet und verbatim transkribiert. Es erfolgte eine inhaltsanalytische Auswertung mit deduktiv-induktiver Kategorienbildung nach Mayring.

Ergebnisse: Es wurden 12 Einzelinterviews mit PJ-Studierenden im 2. (7) und 3. (5) Tertialen im Alter von 24-36 durchgeführt. Davon waren 66,7% (8) weiblich. Es wurden die 3 Kategorien (mit Unterkategorien) „eigener Umgang mit Fehlern“ (4), „Wahrnehmung der Fehlerkultur“ (4) und „Einfluss auf die Verantwortungsübernahme für Professionelle Tätigkeiten“ (3) codiert.

Diskussion: Im eigenen Fehlerumgang beschreiben die Studierenden ihre eigenen Grenzen zu kennen. Teilweise überschätzen sich Studierende, andere fühlen sich von Ausbilder:innen zur Grenzüberschreitung gedrängt. Eine kontinuirliche SV und regelmäßiges FB können die Grenzen für Studierende und Ausbildende transparenter machen.

Reflexionsfähigkeit und Selbstbewusstsein werden als relevante Faktoren für den eigenen Fehlerumgang beschrieben. Diese Reflexionsfähigkeit kann durch regelmäßiges Feedback unterstützt werden.

Sie beschreiben überwiegend zu wenig Supervision und Feedback im Sinne einer positiven Fehlerkultur zu erhalten. Das Gefühl Hilfe holen zu können ist nicht immer vorhanden. Diese Faktoren werden als negative Einflussfaktoren auf die Verantwortungsübernahme beschrieben.

Im PJ fühlen sich Studierende häufig unsicher. Fehler verstärken die Unsicherheit und wirken sich negativ auf die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme aus.

Schlussfolgerungen: Der eigene Fehlerumgang und die wahrgenommene Fehlerkultur sind relevante Faktoren bei der Bereitschaft zur Verantwortungübernahme für Professionelle Tätigkeiten. Die eigenen Grenzen der Studierenden zu kennen sind für die Studierenden und die Ausbildende von Bedeutung und deren Kenntnis kann durch regelmäßiges FB und eine kontinuierliche SV verbessert werden.


Literatur

1.
Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J. Krankenhaus-Report 2014: Schwerpunkt: Patientensicherheit. Stuttgart: Schattauer Verlag; 2014.
2.
Gorini A, Miglioretti M, Pravettoni G. A new perspective on blame culture: an experimental study. J Eval Clin Pract. 2012;18(3):671-675. DOI: 10.1111/j.1365-2753.2012.01831.x External link
3.
ten Cate O, Chen HC, Hoff RG, Peters H, Bok H, van der Schaaf M. Curriculum development for the workplace using Entrustable Professional Activities (EPAs): AMEE Guide No. 99. Med Teach. 2015;37(11):983-1002. DOI: 10.3109/0142159X.2015.1060308 External link