gms | German Medical Science

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

Über’s Sterben sprechen: Das Wesentliche der Kommunikation über den nahenden Tod aus unterschiedlichen Perspektiven

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sibylle J. Felber - Inselspital, Universitätsspital Bern, Universitäres Zentrum für Palliative Care, Bern, Schweiz
  • Tommaso Guffi - Inselspital, Universitätsspital Bern, Universitäres Zentrum für Palliative Care, Bern, Schweiz
  • Beate Brem - Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Felix M. Schmitz - Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Kai Schnabel - Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Sissel Guttormsen Schär - Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Steffen Eychmüller - Inselspital, Universitätsspital Bern, Universitäres Zentrum für Palliative Care, Bern, Schweiz
  • Sofia C. Zambrano - Inselspital, Universitätsspital Bern, Universitäres Zentrum für Palliative Care, Bern, Schweiz

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV20-04

doi: 10.3205/21gma077, urn:nbn:de:0183-21gma0775

Published: September 15, 2021

© 2021 Felber et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Fragestellung: Obwohl die Betreuung von sterbenden Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen zum Alltag von Gesundheitsfachpersonen gehört, ist entsprechendes Training in Bezug auf die Kommunikation über den bevorstehenden Tod in der Ausbildung von medizinischen Fachkräften nahezu inexistent. Viele Fachpersonen fühlen sich in Folge unbehaglich und nicht kompetent genug, um solche Gespräche zu führen. In dieser Studie wurden Schlüsselelemente der Kommunikation über den bevorstehenden Tod aus Sicht der Hauptbeteiligten identifiziert, welche erfahrungsgemäß für solche Gespräche relevant sind.

Methoden: Insgesamt wurden 5 Fokusgruppen mit Fachärztinnen und –ärzten, Pflegefachkräften, Medizinstudierenden, Mitglieder eines Spital-Patientenrates und trauernden Angehörigen durchgeführt (n=32). Basierend auf einem semistrukturierten Leitfaden wurden relevante verbale und nonverbale Aspekte eines Gesprächs über das Sterben, damit verbundene Emotionen und geeignete Rahmenbedingungen der Kommunikation eruiert. Alle Gespräche wurden aufgezeichnet und gemäß der thematischen Analyse1 ausgewertet.

Ergebnisse: Basierend auf den Erfahrungen der Teilnehmenden, konnten sechs Hauptthemen bezüglich der Kommunikation über den bevorstehenden Tod identifiziert werden:

1.
Professionelle und private Einstellung gegenüber Sterben und Tod sowie der familienzentrierten Betreuung,
2.
Fachkompetenzen bezüglich dem Erkennen der Sterbephase, Wissen über den Sterbeprozess und die Notwendigkeit der Selbstreflexion,
3.
Anerkennen der Einzigartigkeit jeder Situation inkl. Fokus auf individuelle Bedürfnisse und Ressourcen der Betroffenen,
4.
Rahmenbedingungen und Inhalte des Gesprächs,
5.
Aspekte der therapeutischen Beziehung wie Vertrauen und Authentizität,
6.
Lernstrategien für diese Gespräche wie Training on the job, Rollenmodelle, Feedback.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen die Vielschichtigkeit der Kommunikation über den bevorstehenden Tod mit sterbenden Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen. Die Herausforderungen bei solchen Gesprächen sind fachlicher als auch persönlicher Natur. Mit dem Erkennen der Sterbephase wird ein Prozess eingeleitet, dem eine positive Grundhaltung gegenüber der familienzentrierten Betreuung und der Endlichkeit des Lebens förderlich ist. Dabei benötigen Fachpersonen solides Fachwissen aber auch mitmenschliche Fähigkeiten und nicht zuletzt stetige Selbstreflexion und wirksame Strategien der Selbstfürsorge, welche nur in der aktiven Auseinandersetzung mit solchen Gesprächen geübt und vertieft werden können.

Take Home Messages: Dass Menschen sterben, gehört zum Leben. Darüber zu sprechen, ist jedoch (noch) nicht integraler Bestandteil der medizinischen Ausbildung. Eine frühzeitige, begleitete Auseinandersetzung mit den einzigartigen Herausforderungen in der Kommunikation mit sterbenden Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen ist ebenso erwünscht wie notwendig, um Menschen auch am Lebensende adäquat begleiten und betreuen zu können.


Literatur

1.
Braun V, Clarke V. Using thematic analysis in psychology. Qual Res Psychol. 2006;3(2):77-101. DOI: 10.1191/1478088706qp063oa External link