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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

Welche Haltung haben Medizinstudierende in Hinblick auf den Einbezug spiritueller Aspekte von Krankheit und Leiden in Patientengespräche?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Beate Gabriele Brem - Universität Bern, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Katharina Tendai Lüscher - Universität Bern, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Felix Michael Schmitz - Universität Bern, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Kai Philipp Schnabel - Universität Bern, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz
  • Simon Peng-Keller - Universität Zürich, Theologische Fakultät, Professur für Spiritual Carte, Zürich, Schweiz
  • Sissel Guttormsen - Universität Bern, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Lehre, Bern, Schweiz

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV17-02

doi: 10.3205/21gma064, urn:nbn:de:0183-21gma0646

Published: September 15, 2021

© 2021 Brem et al.
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Text

Fragestellung/Zielsetzung: Spiritualität kann in Zusammenhang mit ernsten Erkrankungen sowohl eine psychologische Ressource als auch die Ursache für Belastungen sein [1]. Demzufolge ist ein Einbezug der spirituellen Dimension in die Gesundheitsfürsorge in den Grundlagedokumenten der Weltgesundheitsorganisation WHO verankert [2]. Auch der Schweizer Lernzielkatalog PROFILES ([3], siehe [http://profilesmed.ch/]) der medizinischen Fakultäten enthält entsprechende Lernziele. Was denken angehende Ärzt*innen über die Bedeutung von Spiritualität in Patientengesprächen? Können sie sich mit der Idee, spirituelle Anliegen in Patientengespräche und Behandlungsstrategien einzubeziehen, identifizieren?

Methoden: Im Juni 2019 wurden 197 Studierende des 3. Studienjahres der Humanmedizin an der Universität Bern per Online-Umfrage zum Thema befragt. Erhoben wurden Daten zur Demographie, Bedeutung der eigenen Spiritualität, Einschätzung der Bedeutung der Spiritualität in der Medizin und die Bereitschaft auf spirituelle Anliegen von Patient*innen künftig einzugehen.

Ergebnisse: 77 Fragebogen wurden komplett ausgefüllt (Rücklaufquote: 39.1%). Die Antworten zeigen, dass die Studierenden Spiritualität im eigenen Leben im Schnitt eine untergeordnete Rolle zuschreiben; allerdings streuen die Antworten stark um den Mittelwert. Studierende, bei denen Spiritualität einen hohen Stellenwert einnahm, schätzten den Einfluss von Spiritualität auf Haltungen und Einstellungen im medizinischen Alltag höher ein als Studierende, für die Spiritualität nicht von Bedeutung war. Die Mehrheit der Studierenden war der Meinung, dass eine positive spirituelle Haltung für Patient*innen eine wichtige Ressource sein kann, um schwerwiegende Diagnosen zu verarbeiten oder um funktionale Coping-Strategien für Krankheiten zu entwickeln. Rund die Hälfte der Befragten hatten eine Thematisierung von spirituellen Fragen mit Patient*innen entweder im Clinical-Skills Training und/oder im Hausarztpraktikum bereits erlebt. Sie berichteten, dass dies für die Patient*innen von grosser Bedeutung sein kann. Dennoch zeigte sich eine nur zögerliche Bereitschaft, künftig auf spirituelle Aspekte einzugehen, falls diese von den Patient*innen thematisiert würden und eine noch höhere Barriere, diese von sich aus anzusprechen. Als Begründung wurden mangelnde Zeit, ungenügendes Wissen und unzureichende Ausbildung genannt. Interessanterweise wurde die Frage, ob in der Ausbildung mehr Gewicht auf spirituelle Aspekte gelegt werden solle, aber mehrheitlich verneint. Immerhin: Auf die Frage, wie die Studierenden konkret damit umgehen würden, wenn spirituelle Aspekte von Patient*innen künftig angesprochen würden, gaben die meisten an, sie würden zuhören bzw. an Expert*innen verweisen.

Zusammenfassung/Take Home Message: Es zeigte sich, dass Studierende spirituelle Aspekte in der Gesundheitsfürsorge zwar als bedeutsam einschätzen, dass sie sich in ihrer Rolle als zukünftige Ärzt*innen aber tendenziell nicht dafür zuständig fühlen.


Literatur

1.
Jim HS, Pustejovski JE, Park CL, Danhauer SC, Sherman AC, Fitchett G, Merluzzi TV, Munoz TR, George L, Snyder MA, Salsman JM. Religion, spirituality, and physical health in cancer patients: A meta-analysis. Cancer. 2015;121(21):3760-3768.
2.
World Health Organization. Thirty-seventh world health assembly. Geneva: World Health Organization; 1984.
3.
Michaud PA, Jucker P, the Profiles Working Group. The “Profiles” document: a modern revision of the objectives of undergraduate medical studies in Switzerland. Swiss Med Wkly. 2016;146:w14270. DOI: 10.4414/smw.2016.14270 External link