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Digitale Clinical Case Discussions – Analyse und Förderung klinischer Entscheidungsfindungskompetenz von Medizinstudierenden im Kontext von Online-Falldiskussionen
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Published: | September 15, 2021 |
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Zielsetzung: Im Zuge der COVID-19 Pandemie mussten viele Lehrformate kurzfristig digitalisiert werden. Besonders geeignet für digitale Lehre erscheinen Lehrformate, bei denen sich Studierende untereinander oder mit Tutoren austauschen und Feedback erhalten. Die Clinical Case Discussion (CCD) ist so ein interaktives Lehrformat, bei dem Studierende authentische Patientenfälle unter Leitung eines studentischen Moderators und Supervision eines erfahrenen Klinikers diskutieren. Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung von klinischen Entscheidungsfindungskompetenzen. Nachdem die Akzeptanz und Effektivität von Präsenz-CCDs in der Vergangenheit bereits nachgewiesen werden konnte, wird nun im Rahmen einer Feldstudie überprüft, inwiefern sich auch das digitale Format dCCD eignet, um den studentischen Kompetenzerwerb zu fördern.
Methoden: Von April bis August 2020 fanden am LMU Klinikum insgesamt 64 dCCD-Sitzungen mit 180 Medizinstudierenden statt. Die Studierenden diskutierten insgesamt vier Fälle, wobei der erste Fall ausschließlich zur Familiarisierung diente und daher nicht ausgewertet wurde; die weiteren Fälle dienten als Intervention. Für die Messung klinischer Entscheidungsfindungskompetenzen kamen drei etablierte Messinstrumente zum Einsatz:
- 1.
- Clinical Reasoning Process Questionnaire (CRPQ) [1],
- 2.
- Drei-Komponenten-Test (3KT) [2],
- 3.
- Script Concordance Test (SCT) [3].
Während der CRPQ subjektive Selbsteinschätzungen der klinischen Entscheidungsfindungskompetenz erhebt, erfasst der 3KT deklaratives Wissen mit multiple choice items, strategisches Wissen mit key feature tasks, und konditionelles Wissen mit problem solving tasks. Der SCT misst schließlich die Konkordanz zwischen Teilnehmerantworten und einem Expertenpanel bei Fragen zu Diagnose-, Test- und Therapiestrategien. Für die inhaltsanalytische Auswertung der Prozessdaten wurden die aufgezeichneten Falldiskussionen transkribiert, segmentiert und nach Themen, Wissensqualitäten sowie epistemischen Aktivitäten kodiert.
Ergebnisse und Diskussion: Das dCCD-Format erzielte bei den Studierenden hohe Werte bezüglich Akzeptanz und Usability. Der mit dem CRPQ erhobene subjektive Lernzuwachs fiel signifikant aus, t(181)=-2.352, p=.020, d=0.15. Im nächsten Schritt wird nun untersucht, inwiefern die Teilnahme an dCCDs analog zur Präsenz-CCD auch zu einem Zuwachs an objektiv gemessenen Kompetenzen führt und inwiefern die mit den unterschiedlichen Messinstrumenten erhobenen Bestandteile klinischer Entscheidungsfindungskompetenzen miteinander korrelieren. Darüber hinaus werden Prozess- und Ergebnisdaten verglichen, um Erkenntnisse darüber zu generieren, inwieweit einzelne epistemische Aktivitäten während der Falldiskussion den Lernerfolg der Studierenden direkt beeinflussen. Dies ist zum einen für die Optimierung der dCCDs von Interesse; zum anderen tragen unsere Ergebnisse zum wissenschaftlichen Verständnis des Prozesses der klinischen Entscheidungsfindung bzw. des Clinical Reasoning bei.
Literatur
- 1.
- van Gessel E, Nendaz MR, Vermeulen B, Junod A, Vu NV. Development of clinical reasoning from the basic sciences to the clerkships: a longitudinal assessment of medical students’ needs and self-perception after a transitional learning unit. Med Educ. 2003;37(11):966-974. DOI: 10.1046/j.1365-2923.2003.01672.x
- 2.
- Kopp V, Stark R, Kühne-Eversmann L, Fischer MR. Do worked examples foster medical students’ diagnostic knowledge of hyperthyroidism? Med Educ. 2009;43(12):1210-1217. DOI: 10.1111/j.1365-2923.2009.03531.x
- 3.
- Fournier JP, Demeester A, Charlin B. Script Concordance Tests: Guidelines for Construction. BMC Med Inform Decis Mak. 2008;8:18. DOI: 10.1186/1472-6947-8-18