gms | German Medical Science

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

Welche prägenden Erfahrungen machen Medizinstudierende während ihrer professionellen Persönlichkeitsentwicklung?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Cornelia Preuße - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für die Ausbildung personaler und interpersonaler Kompetenzen im Gesundheitswesen, Fakultät für Gesundheit, Witten, Deutschland
  • Heike Schulte - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für die Ausbildung personaler und interpersonaler Kompetenzen im Gesundheitswesen, Fakultät für Gesundheit, Witten, Deutschland
  • Götz Fabry - Medizinische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität, Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Deutschland
  • Claudia Kiessling - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für die Ausbildung personaler und interpersonaler Kompetenzen im Gesundheitswesen, Fakultät für Gesundheit, Witten, Deutschland
  • Gabriele Lutz - Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, Abteilung für Psychosomatische Medizin, Herdecke, Deutschland; Universität Witten/Herdecke, Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin (IBAM, Fakultät für Gesundheit, Witten, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV03-02

doi: 10.3205/21gma009, urn:nbn:de:0183-21gma0095

Published: September 15, 2021

© 2021 Preuße et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Fragestellung/Zielsetzung: Die professionelle Persönlichkeitsentwicklung ist neben dem Erwerb von medizinischen Kompetenzen ein wichtiger Teil der ärztlichen Ausbildung. Um passende curriculare Unterstützungsangebote zu implementieren, ist es notwendig zu verstehen, wie Medizinstudierende diesen Aspekt ihrer Ausbildung sehen. Daher wurden Medizinstudierende befragt, wie sie ihre professionelle Persönlichkeitsentwicklung erleben und welche Faktoren sie als prägend, hemmend oder fördernd wahrnehmen.

Methoden: Leitfadengestützte Interviews mit 16 Medizinstudierenden im Praktischen Jahr eines Regel- sowie eines Modellstudiengangs. Diese wurden inhaltsanalytisch auf Grundlage der Grounded Theory ausgewertet.

Ergebnisse: Die Studierenden beschreiben einen hohen Anspruch an sich selbst als Medizinstudierende und zukünftige Ärzt*innen. Neben positiven und prägenden Erfahrungen mit Patient*innen und Ärzt*innen erleben sie auch belastende Faktoren: Ein hohes Maß an zu erlernendem Wissen, Leistungs- und Konkurrenzdruck unter Studierenden, schwierige Praxiserfahrungen im Klinikalltag mit rigiden Hierarchien, Arbeitsverdichtung und abwertendem zwischenmenschlichen Umgang. Der hohe Selbstanspruch sowie die belastenden Erfahrungen führen zu Dilemma-Situationen, die mit drei Grundkonflikten einhergehen:

1.
Selbstzweifel und Angst zu Scheitern („Ich bin nicht gut genug“);
2.
Enttäuschte Erwartungen („So wie ich dachte, läuft es nicht“);
3.
Ablehnung bestimmter Anteile des Studiums und Gesundheitswesens („Ich will das nicht“).

Im Studienverlauf etablieren Studierende Umgangsstrategien mit diesen Grundkonflikten z.B. Techniken der Stressbewältigung, Einstellungsänderungen, Ressourceneinteilung, Prioritätensetzung und die Suche von Nischen. Besonders hilfreich bewerten die Studierenden Feedback, Zuspruch und Wertschätzung Vorgesetzter sowie deren Fachbegeisterung im klinischen Alltag; aber auch Lehrinhalte zu psychosozialen Kompetenzen, Mentoring sowie praktischen, interaktiven Unterricht.

Diskussion: Medizinstudierende berichten angesichts der Wechselwirkung ihrer Erwartungen, Einstellungen und Ansprüche mit der neuen, mitunter schwierigen Situation im Studium, von typischen Dilemma-Situationen, die mit drei Grundkonflikten einhergehen. Im Zuge eines inneren Reifungs- und Reflexionsprozesses bilden sie kompensatorische Umgangsstrategien aus. Hilfreich sind dabei vor allem das persönliche Erleben und der Austausch mit Rollenvorbildern und Patient*innen sowie curriculare Angebote wie praktischer, interaktiver Unterricht, Mentoring und Lehrinhalte zu psychosozialen Kompetenzen.

Take Home Messages:

  • Studierende erleben häufig Ausbildungswirklichkeiten, die ihren Ideal-Erwartungen nicht entsprechen.
  • Den dadurch entstehenden Dilemma-Situationen liegen drei typische Grundkonflikte zugrunde.
  • Diese können durch Umgangsstrategien, auch mithilfe entsprechender curricularer Interventionen, bewältigt werden.