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Entwicklung eines Praxiscurriculums zur Vermittlung von kompetenzbasierten praktischen Skills im Hebammenstudium: Erste Erfahrungen aus Tübingen
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Published: | November 18, 2020 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Mit Verabschiedung des Hebammenreformgesetzes wird auch in Deutschland der Hebammenberuf vollständig akademisiert, was bedeutet, dass anstelle der fachschulischen Ausbildung ein Hochschulstudium tritt. Eine der Herausforderungen der Akademisierung besteht darin, nicht nur die theoretische Lehre auf akademischem Niveau zu realisieren, sondern auch die praktische Ausbildung entsprechend modular verortet durchzuführen. Dies bedeutet, dass die praktischen Lehrinhalte nicht wie bisher auf Stufe 4 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) vermittelt werden, sondern auch hier eine Niveauerhöhung auf Stufe 6 erfolgen muss, um entsprechend den Voraussetzungen zum Erwerb des Bachelorgrades Kompetenzen zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld zu vermitteln. Ziel des Beitrages ist es, die Grundzüge der praktischen Ausbildung im Kontext des neu entwickelten Praxiscurriculums zu reflektieren.
Methoden: In Tübingen wird seit 2018 der deutschlandweit erste primärqualifizierende Studiengang Hebammenwissenschaft durchgeführt, der an einer Medizinischen Fakultät mit Anbindung an ein Universitätsklinikum verankert ist. Für die praktische Ausbildung wurde ein Praxiscurriculum entwickelt, das den kompetenzbasierten Erwerb sämtlicher für die praktische Tätigkeit notwendigen Kompetenzen auf DQR-Stufe 6 ermöglicht.
Ergebnisse: Es wurde ein Taxonomie-Modell bestehend aus den drei Dimensionen Denken (DE), Fühlen (FÜ) und Handeln (HA) entwickelt, in dem sämtliche Praxistätigkeiten (PT) verortet wurden. Dann wurde für jede PT das innerhalb ein jeden Semesters zu erreichende Niveau für alle 3 Dimensionen festgelegt, dessen Zielerreichung am Ende eines jeden Semesters via OSCE-Prüfung evaluiert wird. Um den notwendigen Theorie-Praxis-Transfer zu gewährleisten, wurden sämtliche Praxisbestandteile modular verortet und jeweils mit einer Begleitvorlesung verknüpft, wodurch praktische Lerninhalte zunächst theoretisch fokussiert und dann praktisch vermittelt werden (zunächst im Skillslab und in der Simulation und schließlich via Bedside-Teaching).
Diskussion: Die Implementierung eines spezifischen Praxiscurriculums ermöglicht die strukturierte praktische Ausbildung von Hebammen auf akademischem Niveau. Voraussetzung zum Gelingen ist die Sicherstellung eines beständigen Theorie-Praxis-Transfers.
Take home messages:
- Die Akademisierung des Hebammenberufes erfordert die Entwicklung von kompetenzbasierten Lehrformaten auch für die Praxis und die Anhebung des Ausbildungsniveaus.
- Sämtliche Praxistätigkeiten können in den Dimensionen Denken, Fühlen und Handeln verortet werden.
- Eine strukturierte, kompetenzbasierte Praxis-Ausbildung setzt einen kontinuierlichen Theorie-Praxis-Transfer voraus.