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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

08.10. - 10.10.2009, Freiburg

Vorlesung als Frontalunterricht? Neue Aspekte klassischer Lehre in der vorklinischen Ausbildung

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  • corresponding author Sabine Aboling - Institut für Tierökologie und Zellbiologie, Hannover, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung - GMA. Freiburg im Breisgau, 08.-10.10.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09gmaT1P013

doi: 10.3205/09gma013, urn:nbn:de:0183-09gma0131

Published: September 2, 2009

© 2009 Aboling.
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Fragestellung: Studierenden des ersten Semesters erscheint die typische Lehrveranstaltung als Frontalunterricht ohne Befragung, ohne Überblick, was wichtig ist, ohne Anleitung, mit Stoff und Lehrmaterialien umzugehen. Die Unterschiede zwischen schulischem und akademischem Unterricht führen dazu, dass den Erstsemester-Studierenden Methoden fehlen, die Stofffülle zu gliedern, zu gewichten und nachhaltig aufzunehmen. Um zumindest das formale Ausbildungsziel zu erreichen, filtern die Studierenden aus dem Angebot das für sie Wesentliche, i.e. Prüfungsrelevante: Ausfüllen der Leerzeilen neben den „Folien“ und Auswendiglernen von Scripten. Systemische Sachkompetenz und Denkweise in den vorklinischen Grundlagenfächern zu erwerben, bildet jedoch die Voraussetzung, um Methoden der Ätiologie und Anamnese zu verstehen und anzuwenden.

Methodik: Eine vergleichende empirische Analyse zwischen den Bedingungen schulischer und universitärer Lernräume, um die Bedingungen von Lernkultur und Lehrkompetenz darzustellen. Aus diesen Bedingungen werden Lösungsansätze entwickelt.

Ergebnisse: Lernkultur wird nicht zuletzt durch Lehrkompetenz beeinflußt, also die Umsetzung grundsätzlicher, dabei an die akademische Lehre angepassten Regeln des Unterrichts durch die Lehrenden. Die Lösungsansätze umfassen integrative Maßnahmen (Positionierung des Faches im Studium), ein fachdidaktisches Profil (kluge Beschränkung des Stoffs) sowie die Wahrnehmung von Ausbildungspädagogik (Orientierungsfunktion der Lehrenden).

Die akademischen Arten von Unterricht erfordern, genau wie die Schulstunde, schlüssige didaktische Konzeptionen und Strukturen. Die Vorlesung ist kein Unterricht, dessen Gegenstand dialogisch entwickelt wird, sondern die sach- oder fallorientierte Bespiegelung von komprimiertem Lehrstoff. Die unreflektierte Rezeption eines didaktisch dafür aufbereiteten Stoffes bildet das primäre Lernziel der Vorlesung. Interaktive Lehrformen (Seminar, Übung) sind wiederum keine Vorlesung, sondern eine Form dialogischen Unterrichts. Die entsprechend reflektierende Erarbeitung des Stoffs erfordert die besondere Orientierungsfunktion der Lehrenden während der Veranstaltung.

Schlussfolgerungen: Studierenden der ersten Semester wird durch interaktiven Unterricht eine nachhaltige Lernkultur ermöglicht, da sie bei fortschreitender Abarbeitung des Lehrstoffes nachhaltig erworbenes Fachwissen kumulieren, es im Kontext repetieren und sich dadurch auf Prüfungsgespräche vorbereiten. Somit wird der in der Praxis bestehende Unterschied zwischen Lern- und Prüfungsstoff („was kommt dran?“) nicht mehr relevant. Die interaktiven Möglichkeiten im akademischen Unterricht sind keineswegs geringer als in der Schule. Sie setzen jedoch besondere pädagogische Fähigkeiten voraus, die in der Ausbildung der Lehrenden nicht vermittelt, sondern im universitären Rahmen autodidaktisch durch Erfahrung erworben werden. Insofern eignen sie sich vor allem als zeitlich begrenzte Module im Rahmen einer Vorlesung.