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20th Annual Meeting of the German Drug Utilisation Research Group (GAA)

Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie

05.12. - 06.12.2013, Düsseldorf

Initiale therapeutische Antikoagulation nach einem venösen thromboembolischen Ereignis von Patienten mit schwerer Nierenfunktionseinschränkung

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Björn Böttger - Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik, Wismar, Deutschland
  • author Martin Wehling - Klinische Pharmakologie, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Medizinische Fakultät, Universität Heidelberg, Mannheim, Deutschland
  • author Rupert Bauersachs - Max-Ratschow-Klinik für Angiologie / Medizinische Klinik IV, Klinikum Darmstadt, Darmstadt, Deutschland
  • author Steffen Amann - Städtisches Klinikum München GmbH, Krankenhausapotheke Schwabing, München, Deutschland
  • author Thomas Wilke - Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik, Wismar, Deutschland

Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e.V. (GAA). 20. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie. Düsseldorf, 05.-06.12.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13gaa20

doi: 10.3205/13gaa20, urn:nbn:de:0183-13gaa205

Published: November 25, 2013

© 2013 Böttger et al.
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Text

Hintergrund: Für Patienten mit schwerer Nierenfunktionseinschränkung, die nach einem venösen thromboembolischen Ereignis (VTE) therapeutisch antikoaguliert werden, besteht ein erhöhtes Risiko der Akkumulation der Antikoagulantien, die mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden sein kann.

In den aktuellen Fachinformationen der zur Therapie zugelassenen Wirkstoffe sowie den aktuellen VTE-Therapie-Leitlinien wird diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit gewidmet. So sind einige Wirkstoffe in dieser Patientengruppe kontrainduziert, für einige Wirkstoffe wird eine erhöhte Kontrollintensität (anti-Xa) empfohlen und für den Wirkstoff Enoxaparin ist eine Dosisreduktion vorgesehen.

Ziel dieser Studie war es, die initiale therapeutische Antikoagulation von niereninsuffizienten VTE-Patienten in der Versorgungspraxis zu analysieren und herauszufinden, in welchem Umfang den Empfehlungen der Leitlinien bzw. Fachinformationen im klinischen Alltag gefolgt wird.

Material und Methoden: Im Rahmen dieser Studie wurden in 5 deutschen Krankenhäusern die Patientenakten der Jahre 2007–2011, die in einem Zusammenhang mit einem VTE-Ereignis standen, analysiert. Als schwere Niereninsuffizienz wurde eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) von kleiner 30 ml/min, gemessen anhand des Serum-Kreatinin-Spiegels, definiert. Als Abweichung von der aktuellen Fachinformation bzw. Leitlinie wurde definiert, wenn einer der folgenden Empfehlungen nicht gefolgt wurde:

  • Kontraindiziert bzw. Anwendung nicht empfohlen (Certoparin, Nadroparin, Reviparin, Fondaparinux),
  • Überwachung der anti-Xa-Aktivität (Tinzaparin, Dalteparin),
  • Überwachung der anti-Xa-Aktivität und Dosisreduktion auf ½ der normalen gewichtsdaptierten Dosis (Enoxaparin),
  • Präzise Kontrolle der Antikoagulationswerte durch Messung der „aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (aPTT)“ (UFHs).

Ergebnisse: Insgesamt konnten 5.263 VTE-Patienten identifiziert werden. Von diesen konnten 709 (13,5%) Patienten nicht für die Studie berücksichtigt werden, da die relevanten Akten entweder nicht vorhanden waren (601) oder in diesen kein Serum-Kreatinin-Wert dokumentiert war (108). Von den verbleibenden 4.554 Patienten (MWAlter ±SD 67,4 Jahre ±15,7; 53,0% weiblich; Körpergewicht 80,2 kg ±20,0; 54,5% tiefe VT), hatten 337 (7,4%) eine durchschnittliche eGFR<30 ml/min; zusätzlich hatten 1.630 Patienten (35,8%) eine eGFR<60 ml/min. In 19 (5,6%) Fällen wurden die Patienten mit einem Wirkstoff behandelt, welcher für diese kontraindiziert ist, 21 (6,2%) erhielten kein initiales therapeutisches Antikoagulanz und 91 (27,0%) Patienten wurde Enoxaparin in einer Dosis verabreicht, die höher als die jeweilig empfohlene Tagesdosis war. Zusätzlich erhielten 22 Patienten (6,5%) Enoxaparin, ohne dass in der Akte ein Körpergewicht dokumentiert war.

Schlussfolgerung: Die initiale therapeutische Antikoagulation von VTE-Patienten mit schwerer Nierenfunktionseinschränkung weicht im klinischen Alltag in ca. 50% der Fälle von den Empfehlungen der Fachinformationen/Leitlinien ab. Es ist zu vermuten, dass diese Patienten einem erhöhten Risiko für Komplikationen, insbesondere Blutungsereignissen, ausgesetzt sind.