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26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI 2018)

24. - 28.07.2018, München

Schmerzhafte Schwellung und Einblutung beider Beine

Meeting Abstract

  • K. Hohaus - Uniklinikum Essen, Dermatologie, Essen, Deutschland
  • F. Jockenhöfer - Uniklinikum Essen, Dermatologie, Essen, Deutschland
  • C. Lorenz - Uniklinikum Essen, Dermatologie, Essen, Deutschland
  • J. Dissemond - Uniklinikum Essen, Dermatologie, Essen, Deutschland

26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie. München, 24.-28.07.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocP35

doi: 10.3205/18fobi033, urn:nbn:de:0183-18fobi0335

Published: July 16, 2018

© 2018 Hohaus et al.
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Wir berichten über einen 35-jährigen Patienten mit seit drei Monaten rezidivierend auftretenden Schwellungen und Hämatomen beider Beine. Bis zu dem Tag der Einweisung wurde ein progredienter Hämoglobin (Hb)-Abfall verzeichnet. Der übrige Hautbefund zeigte sich bis auf eine dezente Gingivahyperplasie blande.

In der klinischen Untersuchung präsentierte der Patient teils petechial, teils großflächig konfluierende Hämatome sowie druckschmerzhafte (VAS 8/10) tief liegende Nodi beider Unterschenkel, die sich umfangsvermehrt zeigten.

Im Labor fiel eine progrediente Anämie mit einem Hb-Abfall von 15g/dl auf bis zu 7,9g/dl auf. Der histopathologische Befund einer Biopsie von einem Nodus zeigte sich passend zu einem Hämatom. Im Verlauf präsentierte der Patient eine Progredienz der Gingivahyperplasie. Bei erneuter Befragung gab er an, seit 3 Jahren an einer Dysphagie zu leiden. Er habe daraufhin seine Ernährung nahezu ausschließlich auf Sojamilch und laktosefreie Milchprodukte umgestellt. Bei der Verdachtsdiagnose Skorbut erfolgte eine Vitamin C-Serumspiegelbestimmung. Der Wert zeigte sich mit unter 1mg/l (Normwert 5-15mg/l) massiv erniedrigt. Nach intravenöser Substitution von 500mg Vitamin C stieg der Hb-Wert ohne weitere therapeutische Maßnahmen im Verlauf auf 12,8g/dl an. In der Zusammenschau aller Befunde stellten wir die Diagnose von Skorbut.

Vitamin C ist für die Synthese von Kollagen, speziell für die Hydroxylierung von Prolin und Lysin, welches für die Quervernetzung der Kollagenfibrillen erforderlich ist, notwendig. Ein Mangel führt daher zu einem Bindegewebsschaden mit Hb-relevanten Einblutungen der Haut, der Muskeln und Schleimhäute im oberen und unteren Gastrointestinaltrakt, sowie bei geringen Traumata subperiostal, die stark schmerzen können. Patienten mit diversen Risikofaktoren wie z.B. Malabsorptions- und Resorptionsstörungen, Demenz, Essstörungen und auch Nahrungsmittelrestriktionen durch z.B. (selbst) diagnostizierte Lebensmittelunverträglichkeiten stellen eine Risikogruppe dar.

Skorbut bleibt in Industrieländern weiterhin eine selten diagnostizierte Erkrankung. Deshalb sollte insbesondere bei mangel- oder alternativernährten Patienten, aber auch der Normalbevölkerung mit einem unklaren Symptomkomplex Skorbut in die differentialdiagnostischen Überlegungen mit einbezogen werden. Eine Therapie mit hochdosiertem Vitamin C lindert die Symptome binnen weniger Tage.