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23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Sex zwischen Männern als Zulassungskriterium zur Blutspende

Meeting Abstract

  • Richard Pentz - Gesundheit Osterreich GmbH (GÖG), Evidenz und Qualitätsstandards, Österreich
  • Rosemarie Felder-Puig - Gesundheit Osterreich GmbH (GÖG), Evidenz und Qualitätsstandards, Österreich
  • Roman Winkler - Gesundheit Osterreich GmbH (GÖG), Evidenz und Qualitätsstandards, Österreich
  • Heidi Stürzlinger - Gesundheit Osterreich GmbH (GÖG), Evidenz und Qualitätsstandards, Österreich

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmPOS-2_5-03

doi: 10.3205/22ebm151, urn:nbn:de:0183-22ebm1512

Published: August 30, 2022

© 2022 Pentz et al.
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Hintergrund/Fragestellung: Länder wie UK oder Israel haben kürzlich die Zulassungskriterien für MSM zum Blutspenden geändert. Ziel dieser Evidenzanalyse war die Erörterung der Notwendigkeit des temporären Ausschlusses (Rückstellung) von MSM vom Blutspenden zur Gewährleistung der Blutsicherheit anhand der Fragestellungen: F1) Änderungen an der Blutsicherheit in anderen Ländern nach Umstellung der Spenderselektion hinsichtlich MSM; F2) Assoziation spezifischer (geschlechtsunabhängiger) Sexualverhalten mit dem HIV-Risiko.

Methoden: Systematische Literatursuchen wurden in MEDLINE, Embase und Cochrane Library (nur Cochrane Reviews) durchgeführt (26.5. – 17.6.2021). Für F1 wurden Publikationen eingeschlossen, die die Raten an HIV-infizierten Blutspenden vor und nach Einführung einer individualisierten Risikobewertung (IRB; keine automatische Rückstellung aller MSM) oder Verkürzung der Rückstellfrist auf unter 12 Monate berichteten. Für F2 wurden systematische Reviews mit Metaanalysen (SR) eingeschlossen. Die Abstracts wurden von einem Reviewer, die Volltexte von zwei Reviewern unabhängig gescreent. Die Datenextraktion erfolgte durch einen Reviewer mit Überprüfung durch einen zweiten.

Ergebnisse: Für F1 wurden 3 Publikationen eingeschlossen. Diese berichteten zu 2 Ländern, die eine IRB eingeführt hatten (Italien, Argentinien) und zu 1 Land, das die Rückstellfrist für MSM von 12 auf 3 Monate verkürzt hatte (UK). Die Raten an HIV-infizierten Blutspenden waren in den 3 Ländern nach der Umstellung nicht signifikant unterschiedlich als zuvor (in Italien und UK bei Analyse der gesamten Spenderpopulation und getrennt nach Erst- und Mehrfachspendenden; aus Argentinien sind nur Ergebnisse für die gesamte Spenderpopulation verfügbar). Für F2 wurden 2 SR berücksichtigt, die das Übertragungsrisiko von HIV pro Sexualakt untersuchten – dieses unterschied sich je nach spezifischer Sexualpraktik mit dem höchsten Risiko bei rezeptivem Analverkehr (AV). Weitere 2 SR zeigen, dass Unterschiede in der Inzidenz bzw. Prävalenz von HIV bei Kategorisierung von Personen nach bestimmten Sexualverhalten feststellbar sind. Unter anderem wurde bei MSM, die rezeptiven AV haben ein höheres HIV-Risiko berichtet als bei MSM, die nur insertiven AV haben.

Schlussfolgerung: Die verfügbaren Daten zeigen keine Verschlechterung der Blutsicherheit nach Einführung einer IRB oder Verkürzung der Rückstellfrist für MSM. Unabhängig von der sexuellen Orientierung hat das spezifische Sexualverhalten einen wesentlichen Einfluss auf das individuelle HIV-Risiko.

Interessenkonflikte: Richard Pentz, Rosemarie Felder-Puig und Roman Winkler haben bezüglich der vorliegenden Fragestellung keine Interessenskonflikte.