gms | German Medical Science

23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Versorgungsverläufe von krebserkrankten Menschen unter Immuntherapie — eine Interviewstudie mit Betroffenen und Expert:innen

Meeting Abstract

  • Stefanie Mentrup - Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege, Lübeck, Deutschland
  • Anne Letsch - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Innere Medizin II, Hämatologie und Onkologie, Kiel, Deutschland
  • Laura Püschel - Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege, Lübeck, Deutschland
  • Anne Christin Rahn - Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege, Lübeck, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmPOS-1_2-04

doi: 10.3205/22ebm076, urn:nbn:de:0183-22ebm0764

Published: August 30, 2022

© 2022 Mentrup et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund/Fragestellung: Die Immuntherapie hat sich als zusätzliche Säule der Krebsbehandlung etabliert. Bei diversen Tumorentitäten ist sie Teil der Standardbehandlung als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Immun-, Chemo- oder zielgerichteten Therapien. Immunbedingte Nebenwirkungen (irAE) können jederzeit im Verlauf auftreten und erfordern eine kontinuierliche Aufmerksamkeit von Betroffenen und Behandlungsteams. Ziel der Studie ist die Exploration der Versorgungsverläufe von krebserkrankten Menschen unter Immuntherapie aus der Perspektive der Betroffenen und Expert:innen.

Methoden: Es wurden teilstrukturierte Interviews mit krebserkrankten Menschen und Expert:innen durchgeführt. Die thematische Analyse der Befragung der krebserkrankten Menschen erfolgte separat von der Expertenbefragung. Die Ergebnisse beider Analysen wurden vergleichend gegenübergestellt.

Ergebnisse: Es wurden 13 Betroffene mit unterschiedlichen Krebsentitäten und 13 Expert:innen (6 Pflegende, 5 Ärzt:innen, 2 Patientenvertreter:innen) eingeschlossen. Die Betroffenen hoffen auf Heilung oder Lebensverlängerung durch die Immuntherapie. Therapieunterbrechungen aufgrund von irAE werden daher gefürchtet. Die Betroffenen sind grundsätzlich darüber informiert, dass die Beobachtung auf irAE wichtig ist. Es bestehen jedoch Unsicherheiten Symptome zu interpretieren. Eine feste Ansprechperson oder Anlaufstelle gibt den Betroffenen Sicherheit im Therapieverlauf. Professionelle erleben die Betroffenen in der Phase der Entscheidungsfindung eher passiv. Gründe dafür sind Wissensdefizite der Betroffenen in Bezug auf diese Therapieform, Vertrauen gegenüber der Therapieentscheidung durch Ärzt:innen oder der empfundene Zeitdruck, die Therapie möglichst schnell zu starten. Die Informationsweitergabe über die Immuntherapie erfolgt gestuft durch die Professionellen. Sie ermutigen die Betroffenen Symptome rechtzeitig mitzuteilen. Dabei erleben sie jedoch auch, dass Betroffene die Therapie unbedingt fortsetzen wollen, da sie mitunter als letzte Option gesehen wird. Therapieunterbrechungen oder -abbrüche werden daher als herausfordernde Situationen in der Betreuung erlebt.

Schlussfolgerung: Die Betreuung von Menschen unter Immuntherapie ist komplex und erfolgt oft über einen langen Therapiezeitraum. Um irAE frühzeitig zu erkennen, erscheint eine kontinuierliche und vertrauensvolle Begleitung mit festen Ansprechpartnern wichtig. Es sollten spezielle Versorgungskonzepte entwickelt und wissenschaftlich evaluiert werden, um eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten.

Interessenkonflikte: Letsch, Anne:

Honorare: BMS, Jannsen Cilag, MSD, Roche, Tesaro; Grünenthal, Astra Zeneca, Novartis, Merck Serono

Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen: Novartis, Tesaro

Andere finanzielle Beziehungen: Servier

Immaterielle Interessenkonflikte: Beisitzerin im Vorstand der DGP