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23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Chancen und Barrieren des Versorgungssystems aus der Perspektive von Krebspatient:innen und Angehörigen im Kontext der COVID-19-Pandemie – eine qualitative Interviewstudie

Meeting Abstract

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  • Stefanie Pietsch - Universitätsklinikum Freiburg, Psychosoziale Krebsberatungsstelle, Freiburg, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmPOS-1_1-08

doi: 10.3205/22ebm072, urn:nbn:de:0183-22ebm0721

Published: August 30, 2022

© 2022 Pietsch.
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Hintergrund/Fragestellung: Führt die Krebserkrankung für Betroffene schon allein zu existenziellen Umbrüchen und Ängsten, stellen die durch COVID-19-bedingten Maßnahmen weitere Belastungen dar. So zeigen diverse Studien mit klinisch-medizinischen bzw. versorgungsrelevanten Fragestellungen eindrücklich den Einfluss des Pandemiegeschehens und seiner Maßnahmen auf die physische und psychische Gesundheit bei Krebspatient:innen auf. Während relativ viele Studien mit quantitativem Design existieren, liegen bislang nur wenige qualitative Daten zur subjektiven Wahrnehmung der Covid-19-Pandemie aus der Perspektive der Patient:innen und Angehörigen selbst vor. So lag das Forschungsinteresse der im Mai–Juli 2020 im Universitätsklinikum Freiburg durchgeführten qualitativen Interviewstudie in der Rekonstruktion des Erlebens von COVID-19 und deren Maßnahmen bei Krebspatient:innen und Angehörigen in der ersten Welle der Corona-Pandemie.

Methoden: Als Erhebungsmethode wurde das leitfadengestützte teil-narrative Interview (Schütze, 1983) umgesetzt.

Die Interviews wurden zum einen inhaltsanalytisch nach Mayring (2010), zum anderen hermeneutisch mit besonderem Fokus auf Handlungsmächtigkeit/Agency (Bethmann et al., 2012; Lucius-Hoene, 2012) ausgewertet.

Ergebnisse: Es wurde in Abhängigkeit zur jeweiligen Krankheitsphase (Erstdiagnose, Behandlungsphase, Rezidiv, Remission, palliative Phase) untersucht, wie Krebspatient:innen und Angehörige die COVID-19-Situation und die damit einhergehenden Maßnahmen wahrnehmen und damit umgehen; wie sich die Situation auf den Krankheitsverlauf auswirkt und welche Unterstützungsbedarfe sie konstatieren. COVID-19 wurde von den Patient:innen und Angehörigen als zusätzliches Puzzleteil und Hindernis im Krankheitsverlauf wahrgenommen. Nicht der Pandemie an sich, sondern den wahrgenommenen Maßnahmen und Einschränkungen wird Wirkmacht zugeschrieben. Die Restriktionen erschweren den weiteren Therapieverlauf, verhindern Regenerationsphasen und führen zu einem erhöhten subjektiven Stressempfinden.

Schlussfolgerung: Als Implikation für die Praxis stellt sich die Aufgabe, den Blick dezidiert darauf zu lenken, in welchen Punkten sich Krebspatient:innen in ihrer subjektiven Handlungsmacht in Pandemiezeiten beeinträchtigt fühlen und wie ihre Handlungsfähigkeit sukzessive mittels psychoonkologischer Unterstützung gestärkt werden kann. Das narrative Interview mit strukturiertem Nachfrageteil stellte selbst eine hilfreiche Methode der Reflexion dar und wurde positiv bilanziert.

Interessenkonflikte: Keine