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23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Informiertes Entscheiden mithilfe evidenzbasierter Videos? Ergebnisse eines Vergleichs von Faktenvideos mit Faktenboxen

Meeting Abstract

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  • Christoph Wilhelm - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Potsdam, Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Potsdam, Deutschland
  • Felix G. Rebitschek - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Potsdam, Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Potsdam, Deutschland; Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmVS-10-01

doi: 10.3205/22ebm057, urn:nbn:de:0183-22ebm0575

Published: August 30, 2022

© 2022 Wilhelm et al.
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Hintergrund/Fragestellung: Faktenboxen als komplexitätsreduziertes Format von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen unterstützen eine informierte Entscheidungsfindung. Es gibt jedoch Hinweise, dass das Faktenboxformat für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu wenig ansprechend ist. Zudem bevorzugen bestimmte jüngere Gruppen Videoinformationen. Evidenzbasierte komplexitätsreduzierte Videos wurden jedoch bislang nicht systematisch hinsichtlich informierter Entscheidungsunterstützung untersucht.

Fragestellungen:

Können evidenzbasierte Faktenvideos genauso wie statische Faktenboxen Wissenstransfer leisten und damit informiertes Entscheiden unterstützen? Wie ansprechend sind Faktenvideos gegenüber Faktenboxen und hängt der Wissenstransfer von dieser Bewertung ab?

Methoden: Im Rahmen zweier experimenteller Onlinestudien (jeweils Mixed-Design) wurden Studienteilnehmende über Prolific.co rekrutiert. Studie 1 (N=494; M=39,0 Jahre, SD=9,7; 66,4% weiblich) zeigte Teilnehmenden entweder statische (Faktenbox) oder dynamische evidenzbasierte Informationen (Faktenvideo) zur Antibiotikaeinnahme bei Husten oder zur Brustkrebsfrüherkennung. Studie 2 (N=365; M=23,1 Jahre, SD=4,1; 60,5% weiblich) zeigte Teilnehmenden entweder eine Faktenbox, ein Faktenvideo in Kombination mit einer Faktenbox oder ein Kontrollvideo (YouTube-Video) zur Grippeschutzimpfung oder zur Bildgebung bei unspezifischen Kreuzschmerzen. Korrektes Wissen um die Themen wurde vor und nach der Präsentation getestet (Summenscore). Die Teilnehmenden bewerteten zudem, inwieweit die Präsentationsformate ansprechend waren.

Ergebnisse: Der Wissenszuwachs zur Brustkrebsfrüherkennung war durch Faktenvideos wie Faktenboxen gegeben, zur Antibiotikaeinnahme war er durch Videos höher. Fügte man Faktenvideos eine Faktenboxpräsentation hinzu, wurde der Wissenszuwachs zur Bildgebung erhöht bzw. zur Grippeimpfung (hohes Vorwissen) erst ermöglicht. Faktenvideos wurden zudem auf der 7-stufigen Likert-Skala in beiden Studien durchgehend 1 bis 2 Stufen positiver als Faktenboxen bewertet.

Schlussfolgerung: Faktenvideos auf Grundlage von evidenzbasierten Faktenboxen leisten unter experimentellen Bedingungen mindestens einen ähnlichen Wissenstransfer wie Faktenboxen, teilweise wird er sogar noch verstärkt. Der ansprechende Charakter und die aus ihm resultierende Auseinandersetzung mit den Informationsmaterialien scheinen ein wichtiger Faktor dieser Verstärkung zu sein.

Interessenkonflikte: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Die Studie entstand im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation mit der Helsana AG.