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Systematische Ermittlung des Aktualisierungsbedarfs von Leitlinien – Anpassung, Pilotierung und Evaluation der ‚Ottawa‘-Methode
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Published: | August 30, 2022 |
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Hintergrund/Fragestellung: Die Aktualisierung klinischer Leitlinien kann hohe personelle und finanzielle Ressourcen erfordern. Eine vollständige Aktualisierung ist nicht immer sinnvoll, da die Kapitel einer Leitlinie häufig einen unterschiedlichen Aktualisierungsbedarf besitzen. An der Universität Ottawa wurde eine Methode für die Ermittlung des Aktualisierungsbedarfs systematischer Reviews auf Basis von Literatursignalen entwickelt [1],[2]. Bei sehr umfangreichen Leitlinien kann der Aktualisierungsbedarf aufgrund begrenzter Ressourcen nicht für jede Empfehlung, sondern nur auf Kapitelebene ermittelt werden. Unser Ziel war es, die Ottawa-Methode für die Anwendung auf Leitlinien anzupassen, mithilfe einer S3-Leitlinie zu pilotieren und mittels eines Surveys zu evaluieren.
Methoden: Der Ottawa-Methode folgend, wurde eine fokussierte systematische Literaturrecherche mit Journalfilter durchgeführt, die Titel und Abstracts gescreent und relevante Studien danach eingestuft, ob sie auf wesentlichen Änderungsbedarf bei bestehenden Empfehlungen hinweisen. Modifizierend wurde dieser Aktualisierungsbedarf auf Kapitelebene zusammengefasst, indem nach vorab definierten Kriterien drei Kategorien gebildet wurden (Kapitel „sollte“, „kann“ oder „muss nicht“ aktualisiert werden). Die so modifizierte Methode wurde im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) zur Ermittlung des Aktualisierungsbedarfs der S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung (AWMF-Nr. 012 - 019) genutzt. Die Ergebnisse wurden in der Leitliniengruppe vorgestellt, diskutiert und durch neue Fragestellungen ergänzt. Anschließend wurde die Methode durch einen Online-Survey der beteiligten Leitliniengruppe evaluiert.
Ergebnisse: Zu 37 Kapiteln wurden Literaturrecherchen durchgeführt und dabei im Mittel 97 Titel/Abstracts pro Kapitel gesichtet. Der Aktualisierungsbedarf verteilte sich auf die Kategorien „sollte“: 8 (21,6%), „kann“: 8 (21,6%) und „muss nicht“ aktualisiert werden: 21 Kapitel (56,8%). Die Rücklaufquote des Surveys lag bei 56% (24/43 vollständige/teilweise Antworten). Die meisten Mitglieder der Leitliniengruppe (94%, 16/17 Befragte) würden die Ottawa-Methode wieder anwenden. Als Schwäche wurde der Journalfilter genannt, und es bestand der Wunsch nach früherer Einbindung von Experten aus verschiedenen Disziplinen.
Schlussfolgerung: Die modifizierte Ottawa-Methode ist ein geeignetes und effizientes Verfahren zur systematischen Ermittlung des Aktualisierungsbedarfs auf Kapitelebene einer Leitlinie. Eine weitere Feinabstimmung wird empfohlen.
Interessenkonflikte: Keine
Literatur
- 1.
- Shojania KG, Sampson M, Ansari MT, Ji J, Doucette S, Moher D. How quickly do systematic reviews go out of date? A survival analysis. Ann Intern Med. 2007 Aug 21;147(4):224-33. DOI: 10.7326/0003-4819-147-4-200708210-00179
- 2.
- Somerfield MR, Bohlke K, Browman GP, Denduluri N, Einhaus K, Hayes DF, et a. Innovations in American Society of Clinical Oncology Practice Guideline Development. J Clin Oncol. 2016 Sep 10;34(26):3213-20. DOI: 10.1200/JCO.2016.68.3524