gms | German Medical Science

23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Bedarfskongruente Inanspruchnahme von Menschen mit depressiven Störungen – eine Längsschnittuntersuchung im Mixed-methods-Design

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Anna Katharina Reinhold - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Oldenburg, Deutschland
  • Anna Levke Brütt - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Oldenburg, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmVS-1-04

doi: 10.3205/22ebm021, urn:nbn:de:0183-22ebm0217

Published: August 30, 2022

© 2022 Reinhold et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund/Fragestellung: In Deutschland nimmt nur etwa jede dritte Person, die in den vergangenen 12 Monaten die Diagnosekriterien einer Major Depression erfüllte, spezifische Versorgungsleistungen in Anspruch [1]. Obwohl also objektiver Bedarf besteht, da es eine Krankheit und auch effektive Versorgungsangebote (Leitlinie) gibt, bleibt eine Inanspruchnahme in vielen Fällen aus. In dieser Studie wird für die weitere Erklärung auch der subjektive Bedarf (need) einbezogen. Ziel ist es, zu beschreiben, wie viele Personen (keine) Versorgungsleistungen inkongruent zu ihrem objektiven oder subjektiven Bedarf in Anspruch nehmen und mögliche Erklärungsansätze dafür zu finden.

Methoden: Die Datenbasis bilden in Telefoninterviews (T0 und 12 Monate später zu T1) erhobene Daten einer bevölkerungsrepräsentativen, prospektiven Längsschnittstudie [2]. Basierend auf den Leitlinien für unipolare Depressionen wird ein objektiver Bedarf operationalisiert über das Vorliegen einer diagnostizierten Depression (DIA-X-12/M-CIDI) (T1). Ein subjektiver Bedarf wird identifiziert über Angaben der Teilnehmenden im General-practice Users Perceived-need Inventory (T0). Ausgewählte Personen mit inkongruentem Bedarf werden in einem dritten Telefoninterview persönlich befragt.

Ergebnisse: Von 924 eingeschlossenen Proband:innen (T0), wurden bisher 308 zum zweiten Mal telefonisch interviewt (T1). Von 21 (6,8%) Personen mit einer diagnostizierten leichten (2,6%) oder mittelschweren (4,2%) Depression wurden 33,3% (n=7) in den vergangenen 12 Monaten leitliniengerecht versorgt und 66,7% (n=14) unterversorgt. Befragte mit einer schweren Depression (n=24, 7,8%) wurden zu 29,2% leitliniengerecht mit einer Kombinationstherapie behandelt, während 33,3% lediglich eine medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlung erhielten und 37,5% gar nicht behandelt wurden. Kongruent zu ihrem jeweiligen subjektiven Bedarf nahmen 45 von 67 Teilnehmende (67,2%) eine medikamentöse und 62 von 162 Personen (38,3%) eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch.

Schlussfolgerung: Ein Großteil der Proband:innen mit bestehendem objektiven Bedarf in unserer Teilstichprobe ist unterversorgt. Bis zum Kongress werden alle Analyseergebnisse des vollständigen Datensatzes (ca. n=500) vorliegen und ergänzende qualitative Daten bereitstehen. Die Ergebnisse bieten Ansatzpunkte für Strategien zur Erhöhung einer zum objektiven und subjektiven Bedarf kongruenten Inanspruchnahme von Menschen mit Depressionen. Gezielte Maßnahmen sind notwendig, um der bestehenden Unterversorgung entgegenzuwirken.

Interessenkonflikte: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.


Literatur

1.
Mack S, Jacobi F, Gerschler A, Strehle J, Höfler M, Busch MA, et al. Self-reported utilization of mental health services in the adult German population--evidence for unmet needs? Results of the DEGS1-Mental Health Module (DEGS1-MH). Int J Methods Psychiatr Res. 2014 Sep;23(3):289-303. DOI: 10.1002/mpr.1438 External link
2.
Reinhold AK, Magaard JL, Brütt AL. Influence of established and subjectively perceived as well as evaluated individual characteristics on the utilization of mental health services among individuals with depressive disorders: protocol of a longitudinal study examining how to supplement the "behavioral model of health services use" and on need-congruent use of mental health services. BMC Psychiatry. 2021 Feb 2;21(1):68. DOI: 10.1186/s12888-021-03065-w External link