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23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Heterogene Versichertenpräferenzen in der Darmkrebsfrüherkennung – ein Discrete-choice-Experiment

Meeting Abstract

  • Melanie Brinkmann - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Deutschland
  • Leonie Diedrich - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Deutschland
  • Melissa Hemmerling - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Deutschland
  • Christian Krauth - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Deutschland
  • Bernt-Peter Robra - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Magdeburg, Deutschland
  • Jona Theodor Stahmeyer - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Deutschland
  • Maren Dreier - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmVS-1-02

doi: 10.3205/22ebm019, urn:nbn:de:0183-22ebm0194

Published: August 30, 2022

© 2022 Brinkmann et al.
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Text

Hintergrund/Fragestellung: Verfahren zur Darmkrebsfrüherkennung unterscheiden sich hinsichtlich Nutzen, Risiken und Versorgungsprozessen. Daher basieren Entscheidungen zur Inanspruchnahme auf individuellen Präferenzen. Ziel war es zu analysieren, welche Eigenschaften von Verfahren zur Darmkrebsfrüherkennung anspruchsberechtigte Versicherte präferieren.

Methoden: Die Präferenzen wurden mit einem Discrete-Choice-Experiment (DCE) erhoben. Basierend auf systematischer Literaturrecherche und Fokusgruppen mit der Zielpopulation wurden 6 Attribute (Darmkrebsinzidenz, Darmkrebsmortalität, Komplikationen, Vorbereitungsmaßnahmen, Begleitperson, Nachuntersuchung) mit je 3 Ausprägungen zur Definition der in den Choice-Sets gegenübergestellten hypothetischen Verfahren eingeschlossen. Die Befragten wählten in 8 Choice-Sets jeweils das von ihnen präferierte Verfahren. Als Test auf interne Validität diente ein dominanter Vergleich. Zwischen 06–10/2020 wurde eine stratifizierte Zufallsstichprobe (n=5.000) von 50-, 55- und 60-jährigen Versicherten der AOK Niedersachsen, die in 05/2020 die Einladung zur Teilnahme am organisierten Darmkrebs-Screening erhalten hatten, schriftlich befragt. Die Präferenzdaten wurden mittels Conditional-Logit-Modell und, bei Präferenzheterogenität, mittels Mixed-Logit-Modell und Latent-Class-Modell (LCM) ausgewertet.

Ergebnisse: Von 1.282 eingegangenen Fragebögen (25,9% (1.282/4.945)) wurden 1.142 in die Analyse eingeschlossen. Insgesamt wählten 476 (41,7%) Befragte im Test auf interne Validität das dominierte Verfahren (irrational erscheinend). Das LCM identifizierte 3 heterogene Präferenzgruppen: Für Gruppe (G) 1 (n=505, 44%) waren umfassende Abführmaßnahmen in Vorbereitung auf die Untersuchung am wichtigsten, für G 2 (n=347, 30%) und 3 (n=290, 25%) die Reduktion der darmkrebsspezifischen Mortalität bzw. Inzidenz. Entgegen den A-priori-Erwartungen bevorzugten einige einen höheren Aufwand bei der Vorbereitung (G 1) und der Begleitung nach Hause nach Sedierung (G 1 und 2).

Schlussfolgerung: Die Präferenzheterogenität deutet auf unterschiedliche Informationsbedürfnisse hin. Ein Teil der Versicherten trifft Entscheidungen weniger aufgrund von Nutzen und Risiken, sondern basierend auf Prozessaspekten. Unklar ist, ob alle Befragte das DCE verstanden haben.

Interessenkonflikte: Melanie Brinkmann, Leonie Diedrich, Melissa Hemmerling, Christian Krauth, Jona Stahmeyer und Maren Dreier erklären, dass sie Forschungsgelder aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses erhalten haben. Bernt-Peter Robra erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Literatur

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