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Mehr Informationsgerechtigkeit durch Faktenboxen? Berücksichtigung von Informationsbedürfnissen und -bedarfen verschiedener Zielgruppen in der Entwicklung einer Faktenbox zu den mRNA-Schutzimpfungen gegen COVID-19
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Published: | August 30, 2022 |
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Hintergrund/Fragestellung: Die Faktenbox (FB) ist ein vielfach implementiertes Format zur komplexitätsreduzierten Bereitstellung einer evidenzbasierten Gesundheitsinformation. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Nutzen und Schaden von Gesundheitsmaßnahmen werden in einem ausgewogenen Verhältnis und transparent gegenübergestellt. Ziel ist, die informierte Entscheidungsfindung zu unterstützen. Studien konnten nachweisen, dass sich FBen positiv auf die Endpunkte Wissen, Verständnis und Risikowahrnehmung auswirken. Werden sie jedoch von allen Rezipient:innen gleich gut verstanden oder profitieren vor allem weniger Benachteiligte, weil sie zum Beispiel besser gebildet sind?
Für die Entwicklung einer FB zu den mRNA-Schutzimpfungen gegen COVID-19 für diverse Zielgruppen wurden verschiedene Studien durchgeführt.
Methoden: Objektive Informationsbedarfe und subjektive Informationsbedürfnisse Impfunentschlossener und -skeptiker:innen in Bezug auf die Corona-Impfung sind in die Entwicklung der mRNA-FB eingeflossen. Diese wurde unter Berücksichtigung von Wissenschaftler:innen und Laien-Feedback modifiziert, vereinfacht und gegen eine komplexe FB mit Laien getestet. In kognitiven Interviews wird derzeit das Verständnis der einfachen FB mit ungeimpften Zielgruppen getestet.
Ergebnisse: Unentschlossenen und Skeptiker:innen (N=858) fehlten verschiedene Informationen, um eine Entscheidung zu treffen, mitunter gepaart mit unrealistischen Vorstellungen und mangelndem Vertrauen in die Corona-Impfstoffe. Modifikationen auf Basis des Feedbacks von Wissenschaftler:innen (N=12) und Laien (N = 5) betrafen unter anderem die Formulierung der Endpunkte sowie den Umfang. Die vereinfachte FB erhöhte das Impfwissen und die positive Bewertung des Nutzen-Schaden-Verhältnisses der mRNA-Impfungen bei Skeptiker:innen und Unentschlossenen gegenüber der komplexen FB. Hierbei scheinen FBen für Personen mit höherer Bildung vorteilhafter zu sein als für Personen mit niedrigerer Bildung. In kognitiven Interviews (bisher N=10) wurde die FB überwiegend als übersichtlich, vollständig, verständlich und vertrauenswürdig bewertet. Teilnehmende haben jedoch Schwierigkeiten, das Modell hinter den Zahlen zum Erkrankungsrisiko zu verstehen und wünschten sich teilweise mehr oder spezifischere Informationen.
Schlussfolgerung: Eine repräsentative Evaluationsstudie ist notwendig, um den Nutzen einer schrittweise an Nutzer:innenbedürfnisse angepassten FB zum Thema mRNA-Impfungen für diverse Zielgruppen sowie ihren Beitrag zur Erhöhung der Informationsgerechtigkeit zu überprüfen.
Interessenkonflikte: Die Autor:innen erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
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- Rebitschek FG, Ellermann C, Jenny MA, Siegel NA, Spinner C, Wagner G. How skeptics could be convinced (not persuaded) to get vaccinated against COVID-19 [Internet]. PsyArXiv. 2021. DOI: 10.31234/osf.io/f4nqt