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22. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

24. - 26.02.2021, digital

Gender-spezifische Unterschiede in der persönlichen Betroffenheit von Hausärztinnen und Hausärzten während der COVID-19-Pandemie

Meeting Abstract

  • Karola Mergenthal - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Alexander Avian - Medizinische Universität Graz, Institut für medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation, Graz, Österreich
  • Maria Flamm - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Sebastian Huter - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Ulrike Spary-Kainz - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich
  • Dagmar Schaffler-Schaden - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Herbert Bachler - Medizinische Universität Innsbruck, Institut für Allgemeinmedizin, Innsbruck, Österreich
  • Andrea Siebenhofer - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland; Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich

Who cares? – EbM und Transformation im Gesundheitswesen. 22. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. sine loco [digital], 24.-26.02.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21ebmPS-8-07

doi: 10.3205/21ebm117, urn:nbn:de:0183-21ebm1177

Published: February 23, 2021

© 2021 Mergenthal et al.
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Text

Hintergrund/Fragestellung: Hausärztinnen übernehmen einen immer größeren Anteil an der Primärversorgung. Internationale Untersuchungen zeigen dabei Unterschiede unter anderem auch im Umgang mit den täglichen Belastungen in der Praxis. Ziel dieser Auswertung war es, die geschlechter-spezifischen Unterschiede in der Belastung während der frühen Phase der COVID-19-Pandemie zu untersuchen.

Methoden: In der Querschnittserhebung „COVI-Prim“ wurden österreichische und deutsche AllgemeinmedizinerInnen befragt. Der Fragebogen entstand auf Basis einer Literaturrecherche und Experteninterviews und erhob u.a. die Selbstsicherheit im Umgang mit der Pandemie, die Einschätzung des Risikos durch die Pandemie und Maßnahmen um die Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Die Rekrutierung fand über verschiedenste Verteiler im April 2020 statt. Die Auswertung erfolgte deskriptiv, Unterschiede zwischen Männern und Frauen wurde mittels t-Test (Skalen) und Chi-Quadrat Test (Items) analysiert.

Ergebnisse: Insgesamt 91% der Rückmeldungen (n=2.401) wurden analysiert (45% Frauen: n=1.073). Im Vergleich zu Männern bewerteten Frauen das Risiko einer Infektion höher (p <.001), gaben mehr Maßnahmen an, um die Ausbreitung der Pandemie zu verhindern (p = 0.041) und bewerteten sich selbst als weniger selbstsicher (p <.001). Die größten Unterschiede zeigten sich in folgenden Items: Frauen äußerten eher Befürchtungen einer Infektion bei ihren PatientInnen (36% vs. 31%), dass sie ihre Familien und Personen im engsten Umfeld infizieren (61% vs. 53%) und dass sie unwissentlich ihre PatientInnen infizieren (61% vs. 52%). Vermehrt berichteten sie über die Belastung, einerseits der Verantwortung für die PatientInnen nachzukommen und andererseits die eigene Familie nicht zu gefährden (56% vs. 49%). Beim Umgang mit infizierten PatientInnen berichteten Frauen häufiger eine Unsicherheit, alles richtig zu machen (40% vs. 26%) oder über ein Gefühl der Hilflosigkeit (25% vs. 18%). Sorgen in Bezug auf die wirtschaftliche Zukunft äußerten Frauen mit 64% vs. 55% ebenso häufiger.

Schlussfolgerung: Hausärztinnen zeigen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen eine höhere Betroffenheit und Sorge [1], sowohl sich als auch ihre PatientInnen und ihr persönliches Umfeld zu infizieren und zeigen sich im Vergleich zu Männern weniger selbstsicher. Diese Ergebnisse sollten Berufsverbände veranlassen, zielgerichtete Unterstützungsmöglichkeiten zu schaffen beziehungsweise zu bewerben [2].

Interessenkonflikte: Keine


Literatur

1.
Spiers J, Buszewicz M, Chew-Graham C, Gerada C, Kessler D, Leggett N, et al. Who cares for the clinicians? The mental health crisis in the GP workforce. Br J Gen Pract. 2016 Jul;66(648):344-5. DOI: 10.3399/bjgp16X685765 External link
2.
Hawton K, Clements A, Sakarovitch C, Simkin S, Deeks JJ. Suicide in doctors: a study of risk according to gender, seniority and specialty in medical practitioners in England and Wales, 1979-1995. J Epidemiol Community Health. 2001 May;55(5):296-300. DOI: 10.1136/jech.55.5.296 External link