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„Was ist für Sie wichtig?“ – Berücksichtigung der Betroffenenperspektive bei der Bearbeitung ethischer Aspekte im Health Technology Assessment (HTA)
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Published: | February 23, 2021 |
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Hintergrund/Fragestellung: Der allgemeinen Tendenz hin zu Bürger*- und Patient*innenpartizipation folgend, strebt Health Technology Assessment (HTA) neben „harter“ Evidenz zu Nutzen-/Schadenspotentialen und Kosteneffektivität auch danach, die Werte und Präferenzen von Betroffenen systematisch einzubeziehen. Bei unserer Bearbeitung der Ethik-Domänen von zwei HTA-Berichten (HT17-01 [1], HT19-02 [2]) im Auftrag des ThemenChecks (IQWiG) stellte sich die Frage, wie genau die Betroffenenperspektive berücksichtigt werden soll, da eine solche Berücksichtigung bei ethischen Aspekten vorgesehen ist. Denn die dabei verfolgten Ziele reichen von der Identifizierung (weiterer) ethischer Aspekte bis zur Einschätzung der Relevanz von bereits erarbeiteten Bewertungskriterien. Entsprechend vielfältig sind die Methoden, die zum Einsatz kommen können.
Methoden: Für beide HTA-Berichte wurde zunächst systematisch Literatur gesucht. Ergänzend wurden Interviews durchgeführt und Informationen von Selbsthilfegruppen ausgewertet. Ziel war jeweils die Identifizierung (weiterer) ethischer Aspekte. Für die Bewertung der Relevanz bestehender Aspekte bzw. Bewertungskriterien wurde 1) eine erneute Analyse der Interviews (HT17-01) sowie 2) eine Fokusgruppe mit u.a. Expert*innen für Patienteninformationen (HT17-01, HT19-02) oder aber 3) eine Online-Umfrage (HT19-02) durchgeführt.
Ergebnisse: Betroffene beschrieben ethische Aspekte, die in der ausgewerteten Literatur nicht gefunden wurden. Dennoch hat sich das Durchführen von einzelnen Interviews (n=6) als nicht so gewinnbringend gezeigt wie andere Methoden. Die größten Herausforderungen sind a) die Rekrutierung geeigneter Betroffener und b) der Umgang mit Schilderungen, wenn diese stark durch ein Einzelschicksal geprägt sind (schwierige Verallgemeinerbarkeit). Die Auswertung des Materials der Selbsthilfe war lohnender, wobei dies von der Qualität des Materials abhängig ist. Die Bewertung von Aspekten oder Kriterien durch Betroffene, insbesondere über Umfragen, fügt der Ethik-Domäne hingegen eine wertvolle Information hinzu, die durch keine andere Methode gewonnen werden kann.
Schlussfolgerung: Die Berücksichtigung der Betroffenenperspektive ist für ethische Aspekte sinnvoll. Dabei scheinen die Bestimmung der Ziele (was soll damit erreicht werden?) und die Auswahl der adäquaten Methoden (qualitativ/quantitativ etc.) die zentralen Fragen zu sein, die vorab zu klären sind. Zusammenfassend ist der Zugang zu bzw. die Rekrutierung von Betroffenen der kritischste Moment bei der Berücksichtigung der Betroffenenperspektive.
Interessenkonflikte: Die Autor*innen geben an, dass keine Interessenskonflikte bestehen.
Literatur
- 1.
- Hagen, et al. HT17-01: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Führt die Anwendung der Nasoalveolar-Molding-Methode vor einer Operation zu besseren Ergebnissen? IQWiG; 2019. Available from: https://www.themencheck-medizin.iqwig.de/de/hta-berichte/01-ht17-01-lippen-kiefer-gaumenspalte-fuehrt-die-anwendung-der-nasoalveolar-molding-methode-vor-einer-operation-zu-besseren-ergebnissen.88.html
- 2.
- Gorenoi, et al. HT19-02: Schmerzen bei Endometriose: Helfen anstelle von Schmerzmedikamenten auch andere Verfahren? [in Bearbeitung]. IQWiG; 2019. Available from: https://www.themencheck-medizin.iqwig.de/de/hta-berichte/66-ht19-02-schmerzen-bei-endometriose-neubildung-der-gebaermutterschleimhaut-helfen-anstelle-von-schmerzmedikamenten-auch-andere-verfahren.201.html