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21. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13. - 15.02.2020, Basel, Schweiz

Nach Intervention in einem Krankenhaus verringerte sich der Verbrauch an unangemessenen schlafanstoßenden Arzneimitteln – eine Folge der Intervention?

Meeting Abstract

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  • Stephanie Heinemann - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • Jonas Klemperer - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • Wolfgang Himmel - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland

Nützliche patientenrelevante Forschung. 21. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Basel, Schweiz, 13.-15.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20ebmPP2-05

doi: 10.3205/20ebm061, urn:nbn:de:0183-20ebm0613

Published: February 12, 2020

© 2020 Heinemann et al.
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Hintergrund/Fragestellung: Im Krankenhaus erhalten besonders ältere Patient/innen bei Ein- und Durchschlafproblemen schlafanstoßende Arzneimittel, die häufig zu den potentiell inadäquaten Medikamenten laut PRISCUS-Liste gehören. Zwischen April 2014 bis Juni 2017 haben wir in einem Regionalkrankenhaus eine komplexe, partizipatorische Intervention gestartet, die eine intensive Beschäftigung mit dem Thema inkl. Datenerhebungen bei Patient/innen und Professionellen, Fortbildungen, eine Handlungsstrategie und Verordnungshilfe umfasste. Nach dieser Intervention erhielten deutlich weniger Patienten diese Medikamente.

Gemessene Effekte sind möglicherweise nicht (nur) Ergebnis einer Intervention. Daher wollten wir wissen, wie häufig schlafanstoßende Arzneimittel in einem vergleichbaren Krankenhaus der Region (ohne Intervention) im entsprechenden Zeitraum verordnet wurden.

Methoden: Wir haben die verabreichten schlafanstoßende Arzneimittel in Krankenhausakten von älteren Patient/innen (≥ 65 Jahre) vom 1. Juli bis zum 12. August in 2013 und 2017 in zwei Krankenhäuser (Interventions- und Kontrollkrankenhaus) erfasst. Im Kontrollkrankenhaus gab es keine explizite Beschäftigung mit dem Thema. Verglichen wurde der Anteil von Patient/innen, die in den jeweiligen Zeiträumen mindestens ein schlafanstoßenden Arzneimittel bzw. mindestens ein potentiell inadäquaten schlafanstoßenden Arzneimittel erhielten.

Ergebnisse: Im Interventionskrankenhaus (450 Betten) werteten wir insgesamt 2009 Akten von älteren Patient/innen (58,0% Frauen) aus. Im Vergleichskrankenhaus (180 Betten) waren es 777 Akten (57,1% Frauen). Der Anteil von älteren Patient/innen, die mindestens einmal ein schlafanstoßendes Arzneimittel erhalten haben, reduzierte sich im Interventionskrankenhaus von 45,8% auf 32,7% (-13,1 Prozentpunkte) und im Kontrollkrankenhaus von 43,2% auf 36,5% (-6,7). Der Anteil von Patient/innen, die ein potentiell inadäquates schlafanstoßendes Arzneimittel erhielten, reduzierte sich im Interventionskrankenhaus von 21,5% auf 8,7% (-12,8) und im Kontrollkrankenhaus von 23,2% auf 13,1% (-10,1).

Schlussfolgerung: Die verabreichte Menge an schlafanstoßende Arzneimitteln ist im Interventionskrankenhaus stärker zurückgegangen als im Kontrollkrankenhaus. Besonders deutlich war dies beim Verbrauch insgesamt. Der Vergleich mit einem Kontrollkrankenhaus untermauerte die Wirksamkeit der Intervention, gestattet aber auch eine realistische Einschätzung der Effektgröße und schützt vor falscher Euphorie.

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine Interessenskonflikte.