gms | German Medical Science

21. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13. - 15.02.2020, Basel, Schweiz

Ist Gesundheit im digitalen Zeitalter noch immer eine private Angelegenheit? Eine Analyse des Privacy Paradoxons im Gesundheitsbereich

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Isabell Koinig - Universität Klagenfurt, Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaften, Klagenfurt, Österreich
  • Sandra Diehl - Universität Klagenfurt, Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaften, Klagenfurt, Österreich

Nützliche patientenrelevante Forschung. 21. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Basel, Schweiz, 13.-15.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20ebmS5-V1-02

doi: 10.3205/20ebm030, urn:nbn:de:0183-20ebm0303

Published: February 12, 2020

© 2020 Koinig et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund/Fragestellung: Bisherige Studien haben gezeigt, dass sich Menschen in Bezug auf ihre Privatsphäre im Internet äußerst kontrovers verhalten. Auch wenn Privatsphäre und Privatheit wichtige Werte zu sein scheinen, zeigen aktuelle Erhebungen eine erschreckende Tendenz: die Mehrheit der Befragten gibt offen zu, selten zu zögern, Onlinediensten ihre Daten zur Verfügung zu stellen, sollte sich dies zu ihrem Vorteil auswirken. Dieses Phänomen wird in der Literatur als Privacy-Paradoxon diskutiert. Privacy-Paradoxon bedeutet, „dass Nutzer zwar Bedenken und Ängste in Bezug auf ihre Privatsphäre äußern, sich gleichzeitig aber auf eine Weise verhalten, die ihren Äußerungen scheinbar widerspricht“. Diese pragmatische Sorglosigkeit in Bezug auf die Preisgabe von Daten scheint aber durchaus nötig zu sein, denn wer seine Daten nicht teilt, muss Ausschluss bzw. Nichtnutzung fürchten. Somit überwiegt für viele häufig der „Mehrwert“ der Datenweitergabe.

Methoden: Die vorliegende empirische Studie fokussiert dezidiert den Bereich der digitalen und mobilen Gesundheit mit folgenden Forschungsfragen:

1.
Als wie wichtig wird der Schutz der individuellen Privatsphäre im Gesundheitsbereich angesehen und
2.
wie hoch ist die Bereitschaft persönliche Daten preiszugeben, um gesundheitsbezogene Dienste zu nutzen (z.B. Wearables, mHealth Apps oder die elektronische Gesundheitsakte)?

Um diese Forschungsfragen zu beantworten, wurden sechs Fokusgruppen mit je fünf Personen im Alter von 20-30 Jahren geführt, da es besonders die junge Generation ist, die an Gesundheit interessiert ist, aber wenig Bedenken hat, Daten zu teilen.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die junge Generation gut informiert ist über die wachsende Datensammlung und dieser durchaus kritisch gegenübersteht. Dennoch halten sich die Sorgen über die Datenverwendung in Grenzen, da viele Befragte die Motive der Datensammlung durchaus nachvollziehen können. Einige waren allerdings auch unbesorgt, weil sie sich nicht vorstellen konnten, worüber ihre Daten Aufschluss liefern sollten. Zudem dominierte die Auffassung, dass die Verwendung der Daten nur wenig bis gar nicht beeinflusst werden kann.

Schlussfolgerung: Die Existenz eines Privacy Paradoxons für den Gesundheitsbereich konnte empirisch bestätigt werden. Um die Digital Literacy zu verbessern, sollte aktiv Verbraucherbildung betrieben und das Verbraucherbewusstsein in Bezug auf die Sensibilität mancher Daten gestärkt werden.

Interessenkonflikte: Dieser Beitrag wurde (a) weder bereits in schriftlicher Form veröffentlicht, (b) noch auf einer deutschsprachigen wissenschaftlichen Tagung als Vortrag eingereicht, akzeptiert oder präsentiert.


Literatur

1.
Santarius T. Auf dem Weg in die vernetzte (Verbraucher-)Zukunft – Widersprüche der Digitalisierung für den nachhaltigen Konsum? In: Blättel-Mink B, Kenning P, Hrsg. Paradoxien des Verbraucherverhaltens. Wiesbaden: Springer; 2019. S. 101-111.
2.
Norberg PA, Horne DR, Horne DA. The privacy paradox: personal information disclosure intentions versus behaviors. Journal of Consumer Affairs. 2007;41(1):100-26.