gms | German Medical Science

Hintergrund/Fragestellung: Leitlinien (LL) sind eine der wichtigsten Informationsquelle zur Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung. Die Handlungsempfehlungen in LL sollten frei von Verzerrungen sein und ausschließlich darauf abzielen, das Patientenwohl zu maximieren. Damit dieses gewährleistet ist, sollten die Handlungsempfehlungen nicht von Interessenskonflikten beeinflusst sein oder, falls potentielle Interessenskonflikte bestehen diese transparent dargelegt werden.

Ziel diese Arbeit war die Analyse der finanziellen Unterstützung von Leitliniengruppen-Mitgliedern (LGM) durch die Pharma- und Medizinprodukteindustrie. Darüber hinaus sollte die Vollständigkeit der Angaben der LGM untersucht werden.

Methoden: Es wurde eine Handrecherche nach internationalen LL auf der Internetseite des National Guideline Clearinghouse durchgeführt. Alle verfügbaren in 2017 publizierten Leitlinien wurden eingeschlossen. Die Namen sämtlicher LGMs wurden extrahiert. Für jedes LGM wurden die finanziellen Zuwendungen von der Industrie, die in den vorangegangenen vier Jahren vor der Publikation der LL erfolgten aus „Open-Payments“ extrahiert. Open-Payments ist eine Datenbank in der sämtliche finanzielle Zuwendungen der Industrie an Ärzte, die in der öffentlichen US-amerikanischen Gesundheitsversorgung tätig sind, offengelegt werden. Alle Extraktionen wurden von einer Person vorgenommen und von einer zweiten Person verifiziert. Die Daten wurden insgesamt und nach Fachrichtung getrennt deskriptiv aufbereitet.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 81 LL identifiziert. Von diesen konnte für 543 LGM Angaben aus Open-Payments extrahiert werden. Für 34% der LGM konnte keine Erklärung zu individuellen Interessenskonflikten in den LL oder assoziierten Dokumenten gefunden werden. Die Gesamtsumme der Zuwendungen aller LGM in den letzten vier Jahren vor LL Publikation belief sich auf 10.844.938 US-$. 62% der LGM erhielten min. 500US-$. Von den LGMs, die mindestens 500US-$ erhalten hatten, gaben 17% an, keine Interessenskonflikte zu haben. Im Durchschnitt erhielt ein LGM 19.972US-$ (Standardabweichung: 55.2450) und im Median 1.328 US-$ (Interquartilsabstand: 223 bis 12.724). Die medianen finanziellen Zuwendungen waren am höchsten in der Onkologie (4.113 US-$) und am geringsten im Bereich Rehabilitation (745 US$).

Schlussfolgerungen: Die Höhe der finanziellen Zuwendungen vieler LGM ist erheblich. Die Zuwendungen sind oftmals nicht oder nicht transparent dargelegt. Dieses stellt die Objektivität von LL-Empfehlungen in Frage.

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit dem beschriebenen Projekt.