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Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl: 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

08.03. - 10.03.2018, Graz

Haben nichtrandomisierte Studien mit kausalen Modellen und randomisierte Studien gleiche Ergebnisse? Eine meta-epidemiologische Studie

Meeting Abstract

  • author presenting/speaker Hannah Ewald - Basel Institut für Klinische Epidemiologie und Biostatistik (ceb), Departement Klinische Forschung, Universitätsspital Basel, Universität Basel, Schweiz; Schweizerisches Tropen- und Public-Health-Institut, Basel, Schweiz
  • John P.A. Ioannidis - Stanford Prevention Research Center, Department of Medicine, Stanford University School of Medicine, Stanford, USA; Meta-Research Innovation Center at Stanford (METRICS), Stanford School of Medicine, Palo Alto, USA; Department of Health Research and Policy, Stanford University School of Medicine, Stanford, USA
  • Aviv Ladanie - Basel Institut für Klinische Epidemiologie und Biostatistik (ceb), Departement für Klinische Forschung, Universitätsspital Basel, Universität Basel, Schweiz; Schweizerisches Tropen- und Public-Health-Institut, Basel, Schweiz
  • Kimberly Mc Cord - Basel Institut für Klinische Epidemiologie und Biostatistik (ceb), Departement für Klinische Forschung, Universitätsspital Basel, Universität Basel, Schweiz; Schweizerisches Tropen- und Public-Health-Institut, Basel, Schweiz
  • Heiner C. Bucher - Basel Institut für Klinische Epidemiologie und Biostatistik (ceb), Departement für Klinische Forschung, Universitätsspital Basel, Universität Basel, Schweiz
  • Lars G. Hemkens - Basel Institut für Klinische Epidemiologie und Biostatistik (ceb), Departement für Klinische Forschung, Universitätsspital Basel, Universität Basel, Schweiz

Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl. 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Graz, Österreich, 08.-10.03.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ebmV-08-2

doi: 10.3205/18ebm046, urn:nbn:de:0183-18ebm0469

Published: March 6, 2018

© 2018 Ewald et al.
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Text

Hintergrund: Zu zahlreichen Fragestellungen fehlen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs). Als Alternative zu RCTs werden Analysen mit kausalen Modellen („Causal modelling“, z.B. Marginal Structural Models, MSM) diskutiert.

Ziel: Herauszufinden, ob nicht-randomisierten Studien mit kausalen Modellen gleiche Behandlungseffekte schätzen wie RCTs.

Methoden: Wir suchten systematisch in PubMed und in den Zitaten von Schlüsselpublikationen zu „Causal Modelling“ nach nicht-randomisierten Studien (nRCTs) zu jeglicher klinischen Fragestellung, die MSM benutzt haben, um Behandlungseffekte auf dichotome Endpunkte zu schätzen. Für jede Fragestellung suchten wir dann systematisch entsprechende RCTs (Suchen wurden peer-reviewed, letzte Suche April 2016). Mehrere RCTs zu einer Fragestellung wurden meta-analytisch kombiniert (Random-Effects Modelle). Wir verglichen die Behandlungseffekte (Effektschätzer, Konfidenzintervall (KI), nominale statistische Signifikanz) beider Designs und evaluierten die übergreifende Gesamtbeziehung mit der Ratio-of-Odds-Ratio Methode und mit absoluten Abweichungen der Odds Ratios. In einer Metaregression untersuchten wir, ob der Publikationszeitpunkt der RCTs diese Gesamtbeziehung beeinflusst.

Ergebnisse: Für 19 nRCTs mit 1039570 Patienten fanden wir 141 korrespondierende RCTs mit 120669 Patienten zur gleichen klinischen Fragestellung. 16 der 19 nRCTs fokussierten auf klinische Entscheidungen, 3 auf statistische Methodik. Zu 8 von 19 klinischen Fragestellungen (37%) zeigten die Effektschätzer der beiden Designs in unterschiedliche Richtungen. 9 von 19 nRCTs (47%) enthielten nicht den Effektschätzer der RCTs in ihren 95% KIs. Die Effekte der nRCTs wichen systematisch 1.29-fach von denen der RCTs ab (summary absolute deviation OR 1.29; 95% KI 1.12-1.48). Insgesamt überschätzten die nRCTs eher die Vorteile experimenteller bzw. neuer Behandlungen verglichen mit RCTs (ROR 1.14; 95% KI 0.93-1.41). Wenn nur die 16 kausalen Modellierungen berücksichtigt wurden, die auf klinische Entscheidungsfindung abzielten, wurden die Vorteile 1.34-fach überschätzt (ROR 1.34; 1.03 bis 1.75). Ebenso waren die Effekte in den nRCTs umso grösser, je mehr RCT-Evidenz vor der nRCT veröffentlicht wurde (p=0.037).

Schlussfolgerung: Nicht-randomisierte Studien kommen häufig zu anderen Ergebnissen als RCTs, trotz der Anwendung kausaler Modelle. Vorsicht ist weiterhin geboten, wenn man nicht-randomisierte Studien nutzt um Gesundheitsentscheidungen zu treffen.