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Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft: 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

09.03. - 11.03.2017, Hamburg

Müllvermeidung in der Versorgung – was können die Choosing Wisely-Initiativen beitragen?

Meeting Abstract

  • corresponding author David Klemperer - Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg, Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften, Regensburg, Deutschland
  • Andrea Siebenhofer - Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich
  • Monika Nothacker - AWMF-Institut für medizinisches Wissensmanagement, Marburg, Deutschland
  • Ina Kopp - AWMF-Institut für medizinisches Wissensmanagement, Marburg, Deutschland

Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft. 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Hamburg, 09.-11.03.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17ebmS5

doi: 10.3205/17ebm114, urn:nbn:de:0183-17ebm1148

Published: February 23, 2017

© 2017 Klemperer et al.
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Text

Inhalt: Über- und Unterversorgung sind in den Gesundheitssystemen der entwickelten Länder weit verbreitet. Mit Choosing Wisely setzte die ABIM Foundation einen Impuls, Überversorgung zu diskutieren und zu mindern, der international Widerhall fand. In den deutschsprachigen Ländern haben sich Initiativen gebildet, die den Impuls auf unterschiedliche Weise aufgreifen. Im Symposium stellen die ReferentInnen den Hintergrund der amerikanischen Initiative dar sowie die Anpassung, Weiterentwicklung und Umsetzung in Deutschland und Österreich. Der Fokus liegt auf der Frage, inwieweit die Methodik der Entwicklung und der Auswahl von Empfehlungen sowie deren Umsetzung die Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung erhöhen können. Damit soll auch ein Lösungsansatz für das aufgezeigt werden, was der Sachverständigenrat Gesundheit als zentrales medizinisches wie fiskalisches Problem bezeichnet – der nicht indikations- und situationsbezogene Einsatz der jeweiligen Leistungen und ihrer zu intensiven Nutzung.

Kommentare dazu werden vom Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin und vom Sachverständigenrat Gesundheit erbeten.

Moderation: David Klemperer, Andrea Siebenhofer

Einzelbeiträge

David Klemperer: Choosing Wisely: Essentials USA und Deutschland

Die amerikanische Initiative geht von den Selbstverständnis und den ethischen Grundsätzen der Profession aus. Planung und Start fielen zusammen mit einer aufgeheizten öffentlichen Diskussion, in der jeder Hinweis auf ein Zuviel in der Versorgung von Gegnern der amerikanischen Gesundheitsreform auf polemische Weise gegen die Reform gerichtet wurde. Überversorgung zum Gegenstand der Befassung in medizinischen Fachgesellschaften und im Arzt-Patient-Gespräch zu machen, war daher ein mutiges Unterfangen mit offenem Ausgang. Aus gutem Grund stand hier die Methodik nicht im Vordergrund. Die Ausgangbedingung der Gemeinsam Klug Entscheiden-Initiative unterscheiden sich grundlegend. Die hochwertigen Leitlinien der Fachgesellschaften innerhalb der AWMF sind die Ressource, die eine methodenorientierte Entwicklung Empfehlungen erlaubt, die sowohl das Zuviel als auch das Zuwenig in der Versorgung adressieren. GKE ist als bottom-up-Ansatz zu verstehen, die bislang zögerliche Umsetzung der Leitlinienempfehlungen in die Praxis zu beschleunigen.

Monika Nothacker, Ina Kopp: Deutschland: Gemeinsam Klug Entscheiden - Stand der Dinge

„Gemeinsam Klug Entscheiden (GKE)“, die deutsche Initiative der Fachgesellschaften unter dem Dach der AWMF adressiert nicht nur Über- sondern gleichrangig auch Unter- und Fehlversorgung. Die eingerichtete Ad hoc Kommission mit 15 Fachgesellschaften (FG) Einzelexperten und einer Patientenvertreterin hat ein Manual für eine transparente Methodik für die Entwicklung von GKE-Empfehlungen erarbeitet. Ein gemeinsamer Prozess von Leitlinienerstellung und folgender Ableitung von GKE-Empfehlungen findet in mehreren Pilotprojekten statt, aber FG erarbeiten auch unabhängig davon Empfehlungen. Im Beitrag werden Limitationen der Evidenzbasierung sowohl für die Einschätzung von Versorgungsdefiziten als auch von Interventionsstudien diskutiert. Vorgestellt wird weiterhin das laienverständliche Format und konzeptionelle Überlegungen zu einem interprofessionellen Implementierungskonzept, das auch die Kommunikation mit anderen Institutionen im Gesundheitssystem umfasst.

Karl Horvath, Andrea Siebenhofer: Choosing Wisely: Stand der Dinge in Österreich

Für die Erstellung der Top 5 Listen der Choosing Wisely Initiative (CWI) existieren keine verbindlichen methodischen Vorgaben. Wie weit die Empfehlungen auf Evidenz beruhen bleibt unklar. In diesem Beitrag wollen wir basierend auf kürzlich publizierte Arbeiten (z.B. Horvath BMJ Open 2016, Légaré BMJ Open 2016) die Verlässlichkeit der CWI-Empfehlungen auf Basis der zugrundeliegenden Evidenz und Methodik des Entwicklungsprozesses diskutieren. Darüber hinaus werden wir weitere internationale und deutschsprachige Initiativen vorstellen und zur Diskussion stellen. Daraus resultierend skizzieren wir mögliche zukünftige Konzepte für den adäquaten Einsatz derartiger Tools, wobei in Österreich primär Vertreter der Medizinischen Universität Graz und der Donauuniversität Krems diese Initiative betreiben.