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Klasse statt Masse in Psychologie und Medizin. Gemeinsam die Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen verbessern
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Published: | February 23, 2017 |
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Forschungsergebnisse gelten als glaubhaft, wenn sie reproduzierbar sind. Sowohl in der Medizin [1] als auch in der Psychologie [2] ist dies jedoch oft nicht der Fall. Beide Disziplinen stehen vor ähnlichen Problemen. Ziel des Symposiums ist es, Gemeinsamkeiten, Unterschiede und mögliche Lösungen zu besprechen.
Einzelbeiträge:
Frank Renkewitz: Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen in der Psychologie. Eine Bestandsaufnahme
Die Psychologie hat sich etwa seit 2011 einer systematischen Untersuchung der Reproduzierbarkeit ihrer Forschungsresultate zugewandt. Seitdem haben „Breitenreplikationen“, in denen eine große Anzahl aktueller Studien aus renommierten Fachjournalen einmalig repliziert wurde, zu einer ersten empirischen Schätzung der Reproduzierbarkeitsrate psychologischer Forschungsergebnisse geführt. „Tiefenreplikationen“, in denen einzelne Studien wiederholt unabhängig repliziert werden, haben zudem die Vertrauenswürdigkeit vielfach zitierter und zentraler Befunde überprüft. Beide Ansätze dokumentieren, dass sich die Psychologie in einer Replikationskrise befindet.
Zunächst wird ein Überblick über die entsprechenden Replikationsstudien und ihre Befunde gegeben. Der Vortrag thematisiert zudem Ursachen von Replikationsproblemen und zeigt so auf, dass die methodischen wie statistischen Kriterien der Evidenzbewertung in der Psychologie (und anderen Sozial- und Biowissenschaften) ungenügend und fehlerhaft sind.
Susann Fiedler „Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen in der Psychologie. How to?“
Allgemeine Anreizstrukturen und die sich anhäufende Evidenz von Reproduzierbarkeitssproblemen in einer Vielzahl von Wissenschaftsbereichen demotivieren und entmutigen eine Vielzahl von vor allem jungen Forschern. Nach der Lektüre der letzten Publication Bias Analyse bleibt oft ein Gefühl der Unsicherheit zurück, geknüpft an die Frage „Wie kann ich selbst spannende, aber auch belastbare Forschung produzieren?“. In der Diskussion der derzeitigen Reproduzierbarkeitsprobleme werden konkrete Vorschläge herausgearbeitet, welche helfen, die empirische Belastbarkeit und den Wert der eigenen Forschungsarbeit zu erhöhen. Die Vorschläge werden dabei an allen Stationen des Forschungsprozesses ansetzen. Es wird aufgezeigt, wie minimale Veränderungen alltäglicher Arbeitsabläufe und damit einhergehende Veränderungen von wissenschaftlicher Praxis die Norm und Anreizstruktur eines ganzen Fachbereiches verändern können. Es wird demonstriert, dass ein großes Innovationsinteresse Hand in Hand gehen muss mit einer neu zu definierenden Verantwortung des Wissenschaftlers gegenüber Transparenz und Reproduzierbarkeit im Jahre 2017.
Beide ReferentInnen trugen entscheidend zu einer einschlägigen Publikation zur Reproduzierbarkeit von Daten in der Psychologie bei [2].
In der Diskussion wird mit Blick auf Wissenschaftsstandards und -politik thematisiert wie eine andere Forschungspraxis etabliert werden könnte. Dazu gibt es Statements von zwei Diskutantinnen: 1) Frau Barbara Nußbaumer-Streit, stellvertretende Direktorin von Cochrane Österreich, bringt die Position der Evidenzbasierten Medizin ein. 2) Frau Dr. Katrin Liethmann, Psychologin an den Universitäten Hamburg und Kiel, forscht medizinpsychologisch und stellt eine Verknüpfung der Bereiche her.