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Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft: 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

09.03. - 11.03.2017, Hamburg

Umsetzung der Leitlinie zur Vermeidung freiheitseinschränkender Maßnahmen in den Diensten und Einrichtungen der AWO Pflege Schleswig-Holstein

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Anne Christin Rahn - Gesundheitswissenschaften, Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • author Anke Buhl - AWO Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
  • author Sascha Köpke - Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Lübeck, Deutschland

Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft. 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Hamburg, 09.-11.03.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17ebmV52

doi: 10.3205/17ebm068, urn:nbn:de:0183-17ebm0685

Published: February 23, 2017

© 2017 Rahn et al.
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Hintergrund und Fragestellung: Freiheitseinschränkende Maßnahmen (FEM) wie Bettgitter und Gurte werden in Pflegeeinrichtungen regelhaft angewendet. Studienergebnisse zeigen jedoch, dass diese nicht zur Verhinderung von Stürzen und Verletzungen bei Bewohnern geeignet sind.

Ziel der Studie war der weitgehende Verzicht auf die Anwendung von FEM in stationären und ambulanten Einrichtungen der AWO Pflege Schleswig-Holstein durch die Einführung der „Leitlinie FEM“ u.a. durch die Schulung von „FEM-Beauftragten (FEM-BA)“in den jeweiligen Einrichtungen.

Material/Methoden: Vorher-/ Nachher-Studie zur Evaluation der Implementierung der „Leitlinie FEM“. Für die ambulante Versorgung wurden die für das stationäre Setting entwickelten Materialien (Flyer und Broschüren) um Aspekte zu FEM in der ambulanten Pflege ergänzt. Hierfür wurden u.a. Interviews mit Leitungskräften und Fokusgruppen mit Pflegenden durchgeführt. Zudem wurde der Anspruch auf FEM zu verzichten schriftlich als Qualitätsmerkmal in Kontrakten mit den Leitungskräften festgehalten.

Insgesamt wurden vier Schulungen für 34 Mitarbeiter/innen zur FEM-BA durchgeführt. Die teilnehmenden Einrichtungen erhielten die Leitlinie FEM, die zugehörigen Materialien und eine strukturierte telefonische Begleitung für 12 Monate.

Vor der ersten Schulung und nach einem Jahr wurde die Häufigkeit der Anwendung von FEM durch direkte Beobachtung standardisiert erfasst. Primärer Endpunkt war Pflegebedürftige mit mindestens einer FEM.

Ergebnisse: In den 30 erfassten Einrichtungen wurde ambulante (n =23) und/oder stationäre Versorgung (n = 23) angeboten. Insgesamt wurden aus neun Diensten FEM-BA für den ambulanten und aus 15 Einrichtungen FEM-BA für den stationären Bereich geschult.

Insgesamt konnten die Anzahl der Pflegebedürftigen mit FEM stationär von 15% (22 Einrichtungen, 132/900 Bewohner) auf 7% (19 Einrichtungen, 59/844 Bewohner) gesenkt werden (ARR 8% (95%CI 1,7-12,6)), ambulant von 6% (16 Dienste, 79/1328 Kunden) auf 4% (16 Dienste, 44/1080 Kunden) (ARR 2% (95%CI -0,3-6,5)).

Schlussfolgerung: Die „Leitlinie-FEM“ konnte für die Bedarfe der AWO Pflege Schleswig-Holstein angepasst und implementiert werden. Allerdings wurden nicht aus allen Einrichtungen FEM-BA geschult. Zu dauerhaften Implementierung sind regelmäßige Schulungen und Updates notwendig. Die Daten zur ambulanten Versorgung deuten darauf hin, dass das Programm auch hier wirksam sein könnte, wobei eine Evaluation durch eine randomisiert kontrollierte Studie angezeigt ist.