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Fallstudie als Element der Prozessevaluation am Beispiel der Reduktion von freiheitseinschränkenden Maßnahmen in der stationären Altenpflege
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Published: | February 23, 2016 |
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Zielsetzung: Fallstudien werden in der medizinischen Forschung häufig durchgeführt, in der Pflegewissenschaft hingegen selten. Mit Fallstudien können Phänomene oder Ereignisse in der Versorgung untersucht werden, die aufgrund ihrer Komplexität nur schwer mit anderen Methoden erfasst werden können. Ein solches komplexes Phänomen ist die Entscheidungsfindung zur Reduktion von freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM) in der Altenpflege. FEM werden häufig bei Menschen mit Demenz angewendet, obwohl eine Pflege ohne FEM mittlerweile als gute klinische Praxis gilt. Entscheidungen zur Anwendung bzw. Vermeidung von FEM werden oft von Pflegenden initiiert, allerdings sind formal die Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigten der Menschen mit Demenz verantwortlich. Ihre Rolle bei der Entscheidungsfindung sowie die Sichtweise der Betroffenen sind bislang weitgehend unberücksichtigt. In einer Cluster-randomisierten, kontrollierten Studie wird derzeit die Implementierung eines komplexen Interventionsprogramms zur Vermeidung von FEM in Alten- und Pflegeheimen evaluiert (NCT02341898). Neben der Wirksamkeit der Intervention werden auch die Veränderungsprozesse in der Praxis untersucht. Um die Sichtweise der Beteiligten (Betroffene, Betreuer/ Vorsorgebevollmächtigte, Pflegende) bei der Entscheidungsfindung zur Vermeidung von FEM zu verstehen, wird eine multiple qualitative Längsschnitt-Fallstudie im Rahmen der IMPRINT Studie durchgeführt.
Methoden: Über die Pflegeheime der Interventionsgruppen der IMPRINT Studie werden Bewohner identifiziert, bei deren Versorgung FEM bislang eingesetzt und zukünftig vermieden werden sollen. Für jede Bewohner („Fall“) werden (nach informierter Zustimmung) alle Beteiligten zu verschiedenen Zeitpunkten interviewt (Gruppen- oder Einzelinterviews). Bei Bewohnern, die kein Interview führen können, werden teilnehmende Beobachtungen durchgeführt. Es ist eine Fallzahl von 8-10 geplant. Pro Fall und beteiligten Personen sind drei Erhebungen geplant (bei noch bestehender FEM; in der Phase der Reduktion; nach der Beurteilung des Erfolgs). Die Interviewdaten und Beobachtungsprotokolle werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Analyse erfolgt zunächst auf Fallebene, danach ist eine fallübergreifende Analyse geplant. Die Amendements zu den bestehenden Ethikvoten wurden positiv begutachtet. Die Datenerhebung ist ab November 2015 geplant.