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Prävention zwischen Evidenz und Eminenz
15. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 15.03.2014, Halle (Saale)

Zusatznutzen eines Hilfsmittels am Beispiel der Diabetes adaptierten Fußbettung zur Prävention von Ulkusrezidiven. Ein systematischer Review

Meeting Abstract

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Prävention zwischen Evidenz und Eminenz. 15. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Halle, 13.-15.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14ebmP10f

doi: 10.3205/14ebm116, urn:nbn:de:0183-14ebm1161

Published: March 10, 2014

© 2014 Siebert et al.
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Hintergrund und Fragestellung: Die Diabetes adaptierte Fußbettung (DAF) muss als Sonderanfertigung keine Sicherheit und Funktionstauglichkeit durch CE-Kennzeichnung nachweisen. Individuell hergestellte Einlagen werden bei Hochrisikopatienten zur Prävention diabetischer Fußulzera verordnet. Die derzeitige Leistungspflicht der Krankenkasse beschränkt sich i.d.R. auf das Hilfsmittel und nicht auf den Schuh als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Es stellte sich die Frage: Welchen patientenrelevanten Zusatznutzen hat die DAF bei Diabetikern mit Polyneuropathie/pAVK und nach abgeheiltem plantaren Ulkus? Die methodischen Limitationen einer Nutzenbewertung von solchen Medizinprodukten werden aufgezeigt.

Methodik: Die Evidenzsynthese soll systematische Reviews (SR), die auf Daten aus randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) basieren und AMSTAR erfüllen, sowie noch nicht sekundäranalytisch erfasste RCTs beinhalten. Die Literaturrecherche (01/2013) erfolgte in Medline, EMBASE, CINAHL, der Cochrane Library u.a. Die Auswahl entlang zuvor festgelegter Einschluss- und Ausschlusskriterien und kritische Bewertung der Studien wurden von zwei Personen unabhängig voneinander durchgeführt. Prädefinierte Endpunkte waren: Inzidenz Ulkusrezidive, Lebensqualität, Schmerz, Amputationsrate, unerwünschte Ereignisse.

Ergebnisse: Von 2456 Treffern waren fünf SR und zwei RCTs relevant. Die Studienqualität dieser sekundären und primären Studien war moderat bis gut. In den fünf SR konnte, bei deutlichen Evidenzlücken zu patientenrelevanten Endpunkten, kein Zusatznutzen der individuell gefertigten Einlagen gezeigt werden. Auch in den RCTs waren die Ergebnisse zu den prädefinierten Endpunkten statistisch nicht signifikant unterschiedlich. Die Adhärenz des Tragens der Schuhe inkl. der Einlagen war eher gering.

Schlussfolgerungen: Nach geltenden Evidenzkriterien existieren keine Belege für einen patientenrelevanten Zusatznutzen der DAF. Die Heterogenität individuell gefertigter Einlagen aufgrund Werkstoffverwendung und Fertigungsmerkmale sowie die einfache oder fehlende Verblindung erschweren die Ergebnissicherheit im randomisierten Vergleich. Für das Verständnis der Adhärenz von Diabetikern, die in RCTs kaum abbildbar, beim Tragen der Schuhe inkl. Einlagen aber essenziell ist, wäre im Rahmen einer umfassenden Nutzenbewertung solcher Hilfsmittel das gesamte Methodenspektrum quantitativer und qualitativer Ansätze der Versorgungsforschung zu fordern.