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Prävention zwischen Evidenz und Eminenz
15. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 15.03.2014, Halle (Saale)

Symposium „Krebsscreening – mehr Schaden als Nutzen?“. Bremer Vorschlag zum Darmkrebsscreening: Mit einem randomisierten Einladungsverfahren auch noch Geld einsparen!

Meeting Abstract

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  • Lisa Hilz - Universität Bremen, Deutschland
  • Frauke Wichmann - Universität Bremen, Deutschland
  • corresponding author Klaus Giersiepen - Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik, Abteilung Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung, Bremen, Deutschland

Prävention zwischen Evidenz und Eminenz. 15. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Halle, 13.-15.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14ebmB2c

doi: 10.3205/14ebm038, urn:nbn:de:0183-14ebm0382

Published: March 10, 2014

© 2014 Hilz et al.
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Hintergrund: Laut Nationalem Krebsplan soll die Darmkrebsvorsorge künftig über Einladungen zur Koloskopie intensiviert und eine durchgängige Qualitätssicherung und Erfolgskontrolle eingeführt werden. Das gesetzliche Angebot zur Früherkennung des Kolorektalen Karzinoms (KRK) besteht derzeit aus dem Guajak-basierten Stuhltest auf okkultes Blut (gFOBT; Hemoccult®) für Personen ab 50 Jahren (jährlich; bzw. ab 55 Jahren alle zwei Jahre) und alternativ der Screening-Koloskopie ab 55 Jahren (Wiederholung nach zehn Jahren).

Literaturanalyse: Während der Nutzen des gFOBTs in Bezug auf eine Mortalitätssenkung des KRK u.a. durch RCTs belegt ist, fehlen bislang RCTs für die Koloskopie als primärem Screeningtest. Beobachtungsstudien legen eine Mortalitätssenkung nahe, Hochrechnungen sehen 100.000 vermiedene Neuerkrankungen in den ersten 8 Jahren seit Einführung des Koloskopie-Angebots in 2002 bei jährlich ca. 60.000 Neuerkrankungen in Deutschland.

Während die Sigmoidoskopie in Deutschland praktisch nicht vorkommt- es gibt keine EBM-Abrechnungsziffer – liegen aktuell drei RCTs vor, die eine Inzidenzabsenkung zeigen; zwei Studien zeigen zusätzlich eine niedrigere KRK-Mortalität. Die Anfang 2013 aktualisierte EU-Leitlinie berücksichtigt dies, die im Juni 2013 erschienene S3-Leitline kennt nur eine der drei Studien und empfiehlt, Personen, die keine Koloskopie wünschen, eine Sigmoidoskopie anzubieten.

Konsens besteht, dass der immunologische Stuhltest (FIT) dann bessere Testeigenschaften bietet als der gFOBT, wenn er in Zentrallaboren ausgewertet und nicht als Point of Care Test abgelesen wird. Eine Ablösung des gFOBT durch den laborbasierten FIT wird daher allseits empfohlen.

Kosteneffektivitäts-Analysen sehen den FIT auf Rang 1, gefolgt von der Sigmoidoskopie und der Koloskopie.

Schlussfolgerungen: Derzeit ist unklar, welcher Test (Koloskopie/Sigmoidoskopie/laborbasierter FIT) das beste Nutzen-Schaden-Verhältnis bietet. Eine Bevorzugung der Koloskopie – wie derzeit vorgesehen – lässt sich aus der Literatur nicht ableiten und wäre die teuerste Lösung.

Wir schlagen vor, die Zielpopulation mit drei verschiedenen Briefen – nach Geburtsmonat randomisiert – zu den drei Maßnahmen einzuladen. Da Sigmoidoskopie und FIT deutlich weniger kosten als eine Koloskopie, ist mit Kosteneinsparungen zu rechnen. Wenn für den FIT und die Sigmoidoskopie spezifische Screening-EBM-Ziffern festgelegt werden, kann die Evaluation gemäß intention to screen und per Protokoll erfolgen.

Anmerkung: Ergebnis der Seminarveranstaltung „Bevölkerungsbezogenes Screening – Evidenz und Evaluation“ im Wintersemester 2012/2013 im Master-Studiengang „Public Health“ an der Universität Bremen. Teilnehmer der Studiengruppe: Tanja Brüchert, Klaus Giersiepen, Adele Grieseler, Judith Hartmann, Lisa Hilz, Maria Kallenbach, Carsten Schröder, Simone Steingrube, Frauke Wichmann


Literatur

1.
Brüchert T, Giersiepen K, et al. Darmkrebsvorsorge: Angebot sollte reformiert werden. Dtsch Arztebl. 2014;111(1-2):A-19/B-15/C-15