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Optikushypoplasie: ein häufiger Befund bei Albinismus mit deutlichen Auswirkungen auf Sehschärfe, Nystagmusparameter und Refraktion
Optic nerve head dysplasia is a frequent sign in albinism and has implications on visual acuity, nystagmus parameters and refraction
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Published: | September 18, 2006 |
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Ziel
Darstellung des N. opticus als visusbestimmend bei Albinismus. Albinismus führt aufgrund der Hypopigmentation des retinalen Pigmentepithels und aufgrund Veränderungen der zentralen Sehbahn oft zu einer angeborenen Sehbehinderung und zu einem Nystagmus. Zumeist wird das Ausmaß der Makuladysplasie als ausschlaggebend für die erreichbare Sehschärfe angesehen.
Methode
412 Personen mit Albinismus wurden mittels eines bereits publizierten Untersuchungsprotokolls (Einteilung der Schweregrade der okulären Befunde) untersucht, 60 wurden zudem nystagmographiert. Die pathologischen Veränderungen des Sehnervenkopfes (ONH: optic nerve head) wurden in 5 Schweregrade eingeteilt (0: normal, 4: Optikusdysplasie) und zu anderen klinischen Parametern korreliert. Statistik: SPSS 13.0
Ergebnisse
2/3 der 412 Probanden haben einen okulokutanen Albinismus (n=190: molekulargenetische Klassifizierung erfolgt). Bei OCA 1B und OCA 2 korreliert das Ausmaß der ONH Pathologie deutlicher zum Visus als das Ausmaß der Hypopigmentation des retinalen Pigmentepithels und der Maculadysplasie. Unauffällige Optici fanden sich nur bei 8,7% (Median des Visus: 0,33 [min: 0,05; max: 1,0]). Viele Patienten zeigten eine Optikusdysplasie mit signifikant schlechterem Visus (27,7%; Median Visus: 0,1 [min:0,01; max:0,35]) und deutlich höherem Astigmatismus. Die Nystagmusparameter (Hz, °, °/s, Hz°) waren signifikant höher als bei Personen ohne Optikusdysplasie. Eine Optikusdysplasie ist oft mit OCA1A assoziiert. Das Ausmaß der Optikushypoplasie/dysplasie korreliert zudem zum Ausmaß der atypischen chiasmalen Kreuzung, nachgewiesen durch VEP und FMRI. Nur bei Vorliegen einer Optikusdysplasie konnten komplette Kreuzungen nachgewiesen werden. Bei Optikusdysplasie ist zudem die Phase der verzögerten visuellen Reifung häufiger und dauert länger.
Schlussfolgerungen
Bislang wurden die oft ausgeprägten Optikusveränderungen bei Albinismus mit ihrem visusbestimmenden Einfluss noch nicht genügend beachtet. Die standardisierte Einteilung erlaubt eine verlässliche Prognose hinsichtlich der zu erwartenden Sehschärfe beim Kleinkind. Neuere Untersuchungen belegen den Einfluss des Melanins auf die prä- und postnatale zerebrale Reifung und Differenzierung. Die Tatsache, dass der Optikus bei Albinismus oft hypo/dysplastisch ist, unterstützt erneut die These, dass Albinismus nicht auf das Auge und die Haut beschränkt ist, sondern eine komplexe Neuroystemerkrankung mit tiefgreifenden Änderungen der zerebralen Mikroarchitektur ist.