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22nd International Congress of German Ophthalmic Surgeons

18. to 21.06.2009, Nürnberg

Determinanten des Erfolgs in der Glaukomchirurgie

Meeting Abstract

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  • H. Thieme - Universitätsklinikum Mainz, Augenklinik, Mainz

22. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen. Nürnberg, 18.-21.06.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09docH 3.4

doi: 10.3205/09doc016, urn:nbn:de:0183-09doc0162

Published: July 9, 2009

© 2009 Thieme.
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Die demographischen Daten werden dazu führen, dass die Inzidenz für das Glaukom weiter ansteigen wird. In Zukunft werden wir mehr und mehr Glaukompatienten sehen und behandeln, und wir werden immer mehr Glaukomoperationen durchführen müssen. In den letzten zehn Jahren wurden große Studien in Bezug auf das Glaukom publiziert; diese Studien haben unser klinisches Denken und Handeln in Bezug auf das Glaukom stark verändert. Wir sind heute in Bezug auf den Augeninnendruck „geläutert“ und wir wissen, dass ein Augeninnendruck unter 21 mmHg oft nicht ausreichend ist, eine Progression zu stoppen. Wir wissen auch, dass Patienten mit sehr weit fortgeschrittenen Befunden (starke Papillenexkavation und Ausfälle im Gesichtsfeld) einen sehr niedrigen Augeninnendruck benötigen, um Befundkonstanz zu erhalten. Wir haben Gewissheit darüber (evidence based), dass eine Senkung des Augendrucks (ob nun operativ oder medikamentös) von Vorteil für unsere Patienten ist. Deswegen sind wir aggressiver in unserem Behandlungsmanagement als noch vor 15 oder 20 Jahren.

Bei vielen Patienten wird der Zieldruck, also der Augeninnendruck, bei dem ein Fortschreiten der Erkrankung als unwahrscheinlich gilt, durch Medikamente nicht erreicht. Oder aber die Medikamente erreichen nicht unsere Patienten (mangelhafte Compliance). Dann ist die Indikation zu operativen Maßnahmen gegeben: Nichterreichen des Zieldrucks, Nebenwirkungen der Medikamente, eingeschränkte Lebensqualität, Progression trotz medikamentöser Therapie. Mangelhafte Compliance und Schwierigkeiten mit Tropfflaschen und Handling sind ebenfalls wichtige Bausteine in der Indikationszusammenstellung für operative Maßnahmen.

Welche Faktoren bestimmen nun eine erfolgreiche Glaukomoperation? Was ist ein Erfolg, und woran wird er gemessen? Dies sind wichtige Fragen, denn 23% der Glaukompatienten benötigen im Laufe ihrer Erkrankung eine Operation zumindest an einem Auge. 12% benötigen dies auch am Partnerauge.

Frage 1: Welche Operation? In den letzten Jahren sind die gängigen Verfahren immer weiter verfeinert worden. Die Trabekulektomie, von Cairns vor über 40 Jahren etabliert, ist durch die Verwendung antiproliferativer, vernarbungshemmender Substanzen wie Mitomycin C und 5-Fluor-Uracil zu einem sehr sicheren Verfahren geworden mit dem niedrige Druckwerte erreicht werden können. Die Tatsache, dass die Trabekulektomie als Goldstandard fungiert, an dem sich alle anderen neueren Verfahren messen lassen müssen, beweist ihre Effektivität. Die TE kommt sicher als Ersteingriff immer dann zum Tragen, wenn niedrige Zieldruckwerte erreicht werden sollen. Die von der AGIS Studie geforderten 12 bis 13 mmHg sind mit der TE gut zu erreichen. Die Komplikationsrate ist überschaubar und Komplikationen wie Hypotonie und Sickerkissenvernarbung steuerbar. Die Viskokanaloplastik oder auch die nicht-filtrierenden Verfahren stehen in Ergänzung zur TE, die Drucksenkung scheint aber nicht so nachhaltig und anhaltend zu sein. Interessanterweise sind es die kombinierten Verfahren bei der Viskokanaloplastik (in Kombination mit der Phakoemulsifikation) die die besten Druckniveaus erzielen. Gerade die Kanaloplastik hat die Möglichkeiten eröffnet das „Glaukom ohne Sickerkissen“ operativ zu versorgen. Für diese noch recht junge Methode fehlen noch lange Nachbeobachtungszeiträume. Weiterhin ist zu klären für welche Patienten die Methode in Frage kommt oder auch nicht. Enge Kammerwinkel oder bereits durch Pigment oder PEX Material überfrachtetes Trabekelwerk dürften die Vorhersagbarkeit der Drucksenkung stark einschränken. Ebenso ist zur Zeit nicht geklärt, ob vorab durchgeführte Laserablation im Kammerwinkel (SLT, ALT) Kontraindikationen für die Viskokanaloplastik darstellen oder nicht. In Bezug auf mögliche Vorteile gegenüber der TE muss eine randomisierte Studie klären, welches Verfahren wirklich „erfolgreicher“ im Sinne der hier vorgestellten Diskussion ist.

Frage 2: Was ist ein Erfolg? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn jede Studie bewertet den Erfolg (relativ versus absolut) etwas anders. Bei vielen Studien entscheidet die postoperative Drucklage über den Erfolg. Die „follow-up“ Zeiten variieren dabei sehr stark. Bei einer Erkrankung, die über viel Jahre, teils Jahrzehnte währt sind langfristige operative Erfolge sehr wichtig. Als relativer Erfolg (oder Misserfolg?) wird die Applikation von Medikamenten genannt. Diese sind erlaubt, um einen Zieldruck zusätzlich zur Operation zu erreichen. In den seltensten Fällen sind Parameter wie Progression im Gesichtsfeld, oder im HRT aufgeführt, oder überhaupt Gegenstand der Erfolgsbemessung. Das liegt daran, dass diese Studiendesigns entsprechend langfristig angelegt sein müssen und damit sehr kostenintensiv sind. Hier ist eine einheitliche Strategie zu fordern, die eine Vergleichbarkeit zwischen den Studien erlaubt. Dies ist zur Zeit oftmals nicht der Fall.

Frage 3: Quality of life? Die Frage, ob eine Operation erfolgreich ist oder nicht misst sich nicht nur an Parametern, die der Arzt ermitteln kann. Neben den objektiven Werten, wie IOD, Visus und Gesichtsfeld ist es auch die Lebensqualität der Patienten, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Die Frage, wie Patienten mit einer Operation und deren Nebenwirkungen zurechtkommt ist wichtig für die Evaluierung der Operationsmethode selbst. Ein beispielsweise zystisch umgebautes Sickerkissen nach einer „erfolgreichen“ TE mit guten IOD-Werten und Befundkonstanz im Gesichtsfeld, mit jedoch starkem Fremdkörpergefühl und Bedarf für Tränenersatzmittel kann nicht wirklich als Erfolg gewertet werden. Die Kataraktogenität der Trabekulektomie (je nach Studienlage zwischen 16–46%) soll in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt werden. Quality of Life Aspekte werden nicht häufig in Studien berücksichtigt, obwohl die Messung der Lebensqualität durch normierte Fragebögen ohne Weiteres möglich ist.

Frage 4: Wie sollten Glaukompatienten auf eine Operation vorbereitet werden? Der langjährige Gebrauch von Antiglaukomatosa verändert die Bindehaut und erschwert die Steuerung der Wundheilung postoperativ. Die Überlegung 4 Wochen vor einem geplanten fistulierenden (aber auch nicht-fistulierenden) Eingriff alle Antiglaukomatosa abzusetzen und durch orale Karboanhydrasehemmer zu ersetzen (in Kombination mit kortisonhaltigen Augentropfen) zielt auf eine „Beruhigung“ der Bindehaut ab. Langfristig soll hier eine geringere Abkapselungsrate folgen. Ob alternativ konservierungsmittelfreie Tropfen ähnlich wirksam sind ist Gegenstand klinischer Forschung.

Zusammenfassend kann man sagen, dass zur Bestimmung der Determinanten einer erfolgreichen Glaukomoperation vielen Blickrichtungen eingenommen werden müssen. Neben einer erfolgreichen Senkung des Augeninnendrucks sind langfristige Erfolge, wie Erhalt des Gesichtsfeldes und Wahrung von Lebensqualität wichtige Parameter, die ebenso evaluiert werden müssen wie der IOD.