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System Support Mapping zur Exploration implementierungsförderlicher und -hemmender Faktoren im Rahmen der formativen Evaluation: Eine Anwendung am Beispiel des Projekts Neo-MILK
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Published: | October 2, 2023 |
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Hintergrund und Stand der Forschung: Die Implementierung Evidenz-basierter Interventionen (EBI) in die Gesundheitsversorgung ist durch ein hohes Maß an Komplexität gekennzeichnet. Ursächlich ist sowohl die einzuführende EBI als auch das Wechselspiel dieser mit einem dynamischen Kontext. Implementierungsfördernde und -hemmende Faktoren können somit erst dann adäquat durch Strategien adressiert werden, wenn das System als Ganzes betrachtet wird. Unterstützung hierbei leisten Methoden aus dem Bereich „System Thinking“. Das System Support Mapping (SSM) stellt solch eine Methode dar und wird im Rahmen der formativen Evaluation des Projekts Neo-MILK eingesetzt, um Faktoren zu explorieren, welche die Implementierung der neuen Versorgungsform auf Ebene der neonatologischen Intensivstationen (NICUs) fördern und/oder behindern.
Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Welche Faktoren werden aus Sicht der Implementierenden als förderlich und/oder hinderlich wahrgenommen? Welche Erklärungsansätze lassen sich mittels SSM identifizieren?
Methode: Neo-MILK untersucht im Rahmen einer Cluster-randomisierten, kontrollierten Studie im Stepped-Wedge-Design mit 3 Wechselkohorten (WK) über 26 Monate, ob sich durch eine strukturierte Laktations- und Stillförderung sowie den Aufbau humaner Spenderinnenmilchbanken die Versorgung Frühgeborener mit Muttermilch auf Level I NICUs verbessern lässt. In der formativen Evaluation des Neo-MILK-Projekts wurden für das SSM in der frühen Implementierungsphase jeder WK leitfadengestützte Interviews mit jeweils 2-3 Schlüsselpersonen der 15 teilnehmenden NICUs durchgeführt. Schlüsselpersonen waren Personen mit lokaler Projektverantwortung und/oder operativer Einbindung in die Implementierung der Intervention. Das qualitative Datenmaterial wurde anhand der vorgegebenen Struktur des SSM (Rolle, Verantwortlichkeiten, Bedürfnisse, Ressourcen und Wünsche) deduktiv kodiert und Zusammenhänge zwischen den Elementen des SSM interpretiert. Die Ergebnisse je NICU wurden visualisiert und fallbezogen sowie im Fallvergleich je WK analysiert.
Ergebnisse: Die Ergebnisse der ersten WK zeigen, dass wahrgenommene Einflüsse je nach Kontext fördernd bzw. hemmend auf den Implementierungsprozess wirken, was die Notwendigkeit maßgeschneiderter („tailored“) Implementierungsstrategien unterstreicht. Zudem wurden aus der Analyse der SSM in allen ausgewerteten Fällen organisationale Rahmenbedingungen als bestimmende Faktoren identifiziert, die häufig am Anfang einer Kaskade aus Barrieren und Förderfaktoren stehen. Die Auswertung wird bis zum Kongress vollständig abgeschlossen sein.
Diskussion: Die strukturierte Darstellung der unterschiedlichen Perspektiven auf Rollen, Verantwortlichkeiten, Bedürfnisse und Ressourcen liefert umfassende Erklärungsansätze für fördernde und hemmende Implementierungsfaktoren. SSM bietet damit eine Möglichkeit, Implementierungsstrategien systemorientiert zu planen.
Implikationen für die Forschung: Die Weiterentwicklung des SSM um einen sog. „Rapid Approach“ ist anzustreben, um SSM engmaschiger im Implementierungsprozess einzusetzen und kurzfristige Anpassungen im Implementierungshandeln zu ermöglichen.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF19027