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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Zwischen Stress und third-party disability: Theoretische Annäherung an das Konzept der Belastung am Beispiel von pflegenden Angehörigen von Menschen ohne Lautsprache

Meeting Abstract

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  • Anna Zinkevich - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • Sarah A. K. Uthoff - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • Lena Ansmann - IMVR (Universität zu Köln), Köln, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf415

doi: 10.3205/23dkvf415, urn:nbn:de:0183-23dkvf4152

Published: October 2, 2023

© 2023 Zinkevich et al.
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Hintergrund und Stand der Forschung: Laut dem aktuellen Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen, wurden im Jahr 2017 ca. 2,6 Millionen pflegebedürftige Menschen in Privathaushalten und überwiegend durch Angehörige versorgt. Trotz wachsender Bedeutung des Themas Angehörigenbelastung auch in der Versorgungsforschung, ist das Konzept der Belastung nicht klar definiert. In der Literatur werden Begriffe Stress, Belastung und Burn-Out oft synonym verwendet. Den Vorschlag einer solchen Definition und für ein konzeptuelles Modell der Belastung machen Liu et al. (2020) auf Basis einer Konzeptanalyse. Es ist ebenfalls bekannt, dass pflegende Angehörige eine so genannte third-party disability im Sinne der ICF erleben können.

Fragestellung und Zielsetzung: Es soll untersucht werden, inwieweit eine mehrdimensionale theoretische Annäherung an die Erforschung der Situation von pflegenden Angehörigen umsetzbar und erkenntniserweiternd ist.

Methode: Daten wurden im Rahmen einer qualitativen Interviewstudie mit n = 16 Angehörigen von Menschen ohne Lautsprache erhoben und in Anlehnung an das Transaktionale Stressmodel nach Lazarus & Folkman (1984) mithilfe von qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) ausgewertet. Identifizierte Stressoren, Ressourcen und Coping-Strategien wurden in das konzeptuelle Modell der Belastung nach Liu et al. (2020) eingebettet. Im nächsten Schritt wurde ein ICF-Modell der third-party disability erstellt.

Ergebnisse: Die identifizierten Stressoren erfüllen die drei zentralen Charakteristika der Belastung (Mehrdimensionalität, Selbstwahrnehmung und Zeitverlauf). Die in das konzeptuelle Modell eingebetteten Ergebnisse deuten darauf hin, dass es bereits vor der Entstehung der Belastung ein Ungleichgewicht zwischen identifizierten Vorläufern der Belastung und wenigen zur Verfügung stehenden Ressourcen besteht. Das erstellte ICF-Modell der third-party disability liefert Hinweise darauf, dass die Beeinträchtigung der betreuten Person einen so relevanten Umweltfaktor in der Lebensrealität der Angehörigen darstellt, dass diese eine third-party disability erleben.

Diskussion: Mithilfe der Einordnung der Ergebnisse in das konzeptuelle Modell der Belastung kann zum einen ein besseres Verständnis der Angehörigensituation geschaffen werden, zum anderen kann anhand der drei definierten Charakteristika überprüft werden, ob die identifizierten Stressoren aggregiert als Belastung bezeichnet werden können. Die Erstellung eines ICF-Modells der third-party disability kann als ein wichtiger Schritt in Richtung eines ganzheitlichen Blickes auf Familien mit Menschen mit Behinderungen angesehen werden. Interventionen für Angehörige von Menschen ohne Lautsprache sollten einen eher präventiven und ressourcenschaffenden und -stärkenden Blickwinkel einnehmen.

Implikation für die Forschung: Durch die Triangulation der verschiedenen theoretischen Perspektiven konnte ein tieferes Verständnis der Lebensrealität pflegender Angehöriger exemplarisch demonstriert werden. Forschungsbedarf besteht vor allem in Hinblick auf die Untersuchung und Weiterentwicklung des ICF-Modells der third-party disability.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF17019