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Psychische Lebensqualität von Angehörigen erwachsener Personen mit Autismus-Spektrum-Störung
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Published: | October 2, 2023 |
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Hintergrund und Stand der Forschung: Aufgrund massiver Barrieren in der Versorgung von erwachsenen Autist:innen sind Angehörige (Verwandte oder Partner:innen) häufig deren wichtigste Säule im Unterstützungssystem. Dabei sind sie selbst verschiedenen Belastungen ausgesetzt, die möglicherweise auch die gesundheitsbezogene psychische Lebensqualität beeinträchtigen. Die Datenlage hinsichtlich relevanter Einflussfaktoren erscheint jedoch inkonsistent und es besteht Bedarf an weiteren empirischen Untersuchungen.
Fragestellung und Zielsetzung: Diese Studie möchte erstmalig die aktuelle gesundheitsbezogene psychische Lebensqualität von Angehörigen erwachsener Autist:innen in Deutschland erheben und den Einfluss möglicher Prädiktoren analysieren.
Methode: Im Rahmen des Forschungsprojekt „BarrierefreiASS“ (G-BA Innovationsfond, 01VSF19011) wurde eine deutschlandweite Onlinebefragung mit N = 149 Angehörigen erwachsener Autist:innen durchgeführt. Die gesundheitsbezogene psychische Lebensqualität wurde mit der Mental Component Summary (MCS) des Short-Form Health Survey (SF-8) erhoben und mit einem deutschen Normdatensatz verglichen. Die statistische Modellierung möglicher Zusammenhänge mit dem MCS erfolgte mittels multipler linearer Regression, wobei Prädiktoren auf den pflegenden Angehörigen (Alter, Verwandtschaftsverhältnis, Bildungsgrad, behandlungsbezogene Ausgaben, Pflegebelastung mittels CarerQoL-7D, informelle Pflege) und die/den erwachsene:n Autist:in (Unterstützungsbedarf, Alter bei Diagnosestellung, komorbide Intelligenzminderung, Inanspruchnahme formeller Angebote) bezogen sind.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 149 Angehörige/Partner:innen von erwachsenen Autist:innen an der Umfrage teil (M=51,95 J. ± SD=9,48; 87,2% weiblich; 70,7% Elternteil erwachsene:r Autist:in). Die Stichprobe zeigte im Vergleich zur deutschen Gesamtbevölkerung eine signifikant niedrigere psychische Lebensqualität. Das Regressionsmodell zeigte ein korrigiertes R² = .32 (p < .001), wobei Bildungsgrad und Pflegebelastung des Angehörigen und Alter bei Diagnosestellung und Inanspruchnahme formeller Angebote durch den/die erwachsene:n Autist:in die MCS vorhersagten. Je höher der Bildungsgrad, das Alter bei Diagnosestellung und die Anzahl von genutzten formeller Angeboten, desto niedriger war der MCS wert. Eine hohe Pflegebelastung ging mit hohen MSC Werten einher. Die übrigen Variablen waren nicht signifikant.
Diskussion: Diese Studie zeigt, dass die gesundheitsbezogene psychische Lebensqualität von Angehörigen erwachsener Autist:innen in Deutschland verringert ist. Es zeigen sich potentielle Ansatzpunkte, um die Lebensqualität zu verbessern. Beispielsweise könnte eine verbesserte Versorgung Entlastungmöglichkeiten für Angehörige bieten und somit zu einer Verbesserung der gesundheitsbezogenen psychischen Lebensqualität beitragen.
Implikation für die Versorgung: Angehörige von erwachsenen Autist:innen haben eine reduzierte gesundheitsbezogene psychische Lebensqualität. Weitere Forschung ist notwendig, um Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation dieser Personen zu entwickelt und anzuwenden.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19011