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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Herausforderungen und Chancen im medizinischen Kinderschutz und den frühen Hilfen in Kinder- und Jugendarztpraxen

Meeting Abstract

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  • Antje Hammer - Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte BVKJ e.V., Köln, Deutschland
  • Thomas Fischbach - Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte BVKJ e.V., Köln, Deutschland
  • Monica Naujoks - Kinderarztzentrum Düsseldorf-Ratingen, Düsseldorf, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf274

doi: 10.3205/23dkvf274, urn:nbn:de:0183-23dkvf2747

Published: October 2, 2023

© 2023 Hammer et al.
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2021 wurde seitens der Jugendämter in Deutschland für knapp 60.000 Kinder und Jugendliche eine Kindeswohlgefährdung in Form von Vernachlässigung, psychischer oder körperlicher Misshandlung und oder sexualisierter Gewalt festgestellt [1]. Die Anzahl der Fälle ist seit Beginn der Erhebungen des Statistischen Bundesamtes in 2012 kontinuierlich gestiegen.

Die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzt*innen spielen sowohl bei der Prävention als auch bei der frühzeitigen Detektion von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung eine entscheidende Rolle [2], [3]. Sie sehen (insbesondere in den ersten Lebensjahren) die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Sorgeberechtigten regelmäßig in routinemäßigen Untersuchungen und Akutsprechstunden. Die Familien werden meist über Jahre begleitet. Kinder- und Jugendärzt*innen haben damit die Möglichkeit Auffälligkeiten, wie beispielsweise Belastungssituation in Familien, frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen (z.B. Frühe Hilfen) frühzeitig einzuleiten.

Die großen Herausforderungen liegen hierbei u.a. in der Vielfalt der Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung in der Praxis. So ist der Großteil der Kinderschutzarbeit präventiv. Gleichzeitig ergeben sich im Rahmen von relativ kurzen Behandlungszeiten in der Praxis auffällige Befunde häufig zufällig und basieren oft auf Hinweiszeichen (Trigger), die selten klar oder eindeutig sind oder auch Differenzialdiagnosen zulassen. Die große Chance für die Kinderschutzarbeit in der Praxis liegt insbesondere darin, Belastungen und Risikofaktoren frühzeitig erfassen und benennen zu können, um dann für Hilfeannahme bei den Betroffenen zu werben, damit aus der Belastung keine Misshandlung oder Vernachlässigung auf Grund von Überforderung entsteht.

Diese Arbeit erfordert viele behutsame Gespräche mit einer wertschätzenden Haltung gegenüber den Kindern und Jugendlichen sowie den Sorgeberechtigten. Im Rahmen des Vortrages sollen die Herausforderungen aber auch die Potentiale der Kinderschutzarbeit in der Kinder- und Jugendarztpraxis vorgestellt und vor dem Hintergrund der aktuellen Studienlage in Deutschland kritisch diskutiert werden.


Literatur

1.
Destatis. Pressemitteilung Nr. 340 vom 11. August 2022. 2022. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/08/PD22_340_225.html External link
2.
Flaherty EG, Stirling J Jr; American Academy of Pediatrics. Committee on Child Abuse and Neglect. Clinical report—the pediatrician’s role in child maltreatment prevention. Pediatrics. 2010 Oct;126(4):833-41. DOI: 10.1542/peds.2010-2087 External link
3.
Stolper E, Verdenius JP, Dinant GJ, van de Wiel M. GPs' suspicion of child abuse: how does it arise and what is the follow-up? Scand J Prim Health Care. 2020 Jun;38(2):117-23. DOI: 10.1080/02813432.2020.1755784 External link