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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Digitalisierung im Gesundheitswesen: Wie kann Veränderung (gesund) gelingen? Eine ethnografische Studie

Meeting Abstract

  • Birte Linny Geisler - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Ourania Amperidou - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Sina Pauly - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Jasmin Mangold - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Esther Rind - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Monika Rieger - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Christine Preiser - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf243

doi: 10.3205/23dkvf243, urn:nbn:de:0183-23dkvf2433

Published: October 2, 2023

© 2023 Geisler et al.
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Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Pathologie-Abteilung einer deutschen Klinik führt ein komplexes Veränderungsprojekt durch: die Digitalisierung zentraler Arbeitsabläufe. Wir erforschen zum einen, wie die Digitalisierung die Arbeitswelt der Mitarbeitenden verändert und sich auf die arbeitsbedingten Ressourcen, Stressoren und die Arbeitszufriedenheit auswirkt. Zum anderen untersuchen wir, inwiefern die Arbeitsbedingungen wiederum die Umsetzung der Digitalisierung beeinflussen. Aus Perspektive der arbeitsmedizinischen Versorgungsforschung gibt es dazu bisher wenige Erkenntnisse.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Unser Ziel ist die Entwicklung eines ganzheitlichen Verständnisses der wechselseitigen Beeinflussungen in einem digitalen Transformationsprozess. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit den Fragen: Welche arbeitsbedingten Ressourcen und Stressoren gehen mit der Umsetzung von Digitalisierung einher?

Methode: Im Rahmen eines ethnografischen Studiendesigns führen wir teilnehmende Beobachtungen und Fokusgruppen in drei Feldphasen durch, die zwischen Sommer 2022 und Herbst 2023 unterschiedliche Zeiträume der Transformation abbilden. Die Datenauswertung erfolgt mittels der Reflexive Thematic Analysis nach Braun und Clarke. Ergänzend finden Member Checks mit den Mitarbeitenden statt.

Ergebnisse: Unsere bisherigen Daten zeigen Stressoren auf Systemebene, die schon zuvor bestanden und in Wechselwirkung mit der Digitalisierung stehen. Dazu zählt die hohe Auftragslage bei gleichzeitigem Personalmangel, hohe logistische Aufwände aufgrund verschiedener Standorte sowie die räumliche Enge an einem Großteil der Arbeitsplätze. Des Weiteren erweist sich der Prozess auf Grund von technischen Verzögerungen als schwer planbar und erfordert eine kontinuierliche Anpassung. Aus den verschiedenen Faktoren entstehen Stressoren im Kontext der Digitalisierung, wie Zeitmangel für die Umsetzung sowie Unklarheiten bei Arbeitsprozessänderungen und Aufgabenneuverteilung. Hinzu kommt die Herausforderung, die Bedarfe an und die Gestaltung von Führung in Einklang zu bringen. Das Ergebnis des Transformationsprozesses ist mit Hoffnungen und Bedenken bezüglich der künftigen Arbeitsdichte verbunden. Besonders die persönlichen Ressourcen der Mitarbeitenden und Führungskräfte tragen zur erfolgreichen Umsetzung des Veränderungsprozesses bei, wie z.B. Flexibilität im Umgang mit unerwarteten Ereignissen, Offenheit für Innovationen und hohes Verantwortungsbewusstsein.

Diskussion: Unsere Daten lassen vermuten, dass die digitale Transformation eine Herausforderung darstellt, weil sie parallel und zusätzlich zu einer ohnehin hohen Arbeitsdichte umgesetzt werden muss. Sie kann aber auch die Chance bieten, Arbeitsinhalte, Arbeitsorganisation und Zusammenarbeit neu zu denken.

Implikation für die Versorgung: Gesundes Arbeiten „trotz“ Innovationsdruck erfordert ausreichend Personal- und Zeitressourcen, Führung und eine partizipative Einbindung der Mitarbeitenden in jeder Phase der Implementierung.

Förderung: Sonstige Förderung; D.30.11909 SWM