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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Gestaltung der eigenen Gesundheit – Gesundheitshandeln als umfassendes Konzept einer praxeologischen Wissenssoziologie

Meeting Abstract

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  • Andreas Bergholz - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Brandenburg an der Havel
  • Christine Holmberg - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Brandenburg an der Havel

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf191

doi: 10.3205/23dkvf191, urn:nbn:de:0183-23dkvf1918

Published: October 2, 2023

© 2023 Bergholz et al.
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Hintergrund und Stand der Forschung: Der Begriff des Gesundheitshandelns ist ein junger und bislang wenig verwendeter Begriff, für den keine einheitliche Definition vorliegt. Die meisten Ansätze sind im Bereich der Gesundheitsförderung und Gesundheitskompetenz zu verorten. Demnach handelt sich um einen Handlungsbegriff, der vornehmlich auf bewusste Handlungen fokussiert, die der Gesundheit bzw. dem Wohlbefinden dienlich sind und somit Normativität unterliegt.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Dieser Beitrag legt eine Forschungsperspektive dar, die die normativ gesellschaftlich definierten Ziele der Gesunderhaltung ablegt und aus dem Untersuchungsgegenstand heraus interne Handlungslogiken erfasst. Somit ist das dem Handeln zugrundeliegende Wissen erfassbar. Dies stellt einen Perspektivwechsel in der Betrachtung und Erforschung von Gesundheit dar. Gesundheitshandeln wird als in der sozialen Praxis verankertes Wissen verstanden, welches in der Regel implizit und handlungsleitend ist und im Rahmen der praxeologischen Wissenssoziologie Bohnsacks sowie weiterer Theorien sozialer Praxis entwickelt wird.

Methode: Anhand gängiger Konzepte des Gesundheitshandelns im deutschsprachigen Raum wird dargelegt, dass mit der Fokussierung auf Gesundheitsförderung und Gesundheitskompetenz die Gefahr einer normativen Einengung besteht und im Habitus verankerte Handlungen mit Bezug auf Gesundheit übersehen werden, indem nur auf explizite Wissensbestände fokussiert wird. Mithilfe von Theorien sozialer Praxis und der dokumentarischen Methode wird das Konzept des Gesundheitshandelns entwickelt und für die empirische Gesundheitsforschung fruchtbar gemacht.

Ergebnisse: Zentrale Elemente der Forschungsperspektive sind Gesundheit als Handlungsbegriff und Gesundheit als offener Praxis- und Wissensraum. Gesundheit als Handlungsbegriff bedeutet, dass Gesundheit nicht die Handlung selbst ist, beispielsweise das adhärente Einnehmen von Medikamenten, sondern jenes Wissen meint, welches dieser Handlung zugrunde liegt. Ein offener Praxis- und Wissensraum schließt neben konkret gesundheitsbezogenen Handlungen auch solche mit ein, die gegebenenfalls nur mittelbar mit Gesundheit in Zusammenhang stehen. Gesundheit wird auf einem Kontinuum von minimaler bis maximaler Gesundheit verstanden, was Krankheit multidimensional (physisch, psychisch, sozial) miteinschließt und ein möglichst breites Spektrum an Handlungen umfasst, welches mit Gesundheit in Verbindung stehen kann. Die empirische Erfassbarkeit von Gesundheitshandeln wird mit der dokumentarischen Methode anhand der Offenlegung impliziter Regelhaftigkeit über mehrere Handlungen hinweg dargelegt. Dies wird anhand von Beispielen aus einem Forschungsprojekt zum Umgang mit Herzkreislauferkrankungen Älterer demonstriert.

Implikation für die Forschung: Mit der dargelegten Forschungsperspektive kann Handeln in Bezug auf Gesundheit aus der subjektiven Perspektive der Betroffenen verstanden werden, zum Beispiel bzgl. Compliance, was wiederum zu daran angepassten Versorgungskonzepten führen kann, indem lebensweltliche und an impliziten Wissensbeständen orientierte Erkenntnisse in die Versorgung einfließen.