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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Telemedizin als alternativer Zugang zu vertragsärztlicher ambulanter Versorgung: Trends in den Jahren 2017 bis 2021 auf Basis bundesweiter Abrechnungsdaten

Meeting Abstract

  • Joachim Heuer - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Annika Osterwald - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Manas Akmatov - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Jakob Holstiege - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Claudia Kohring - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Lotte Dammertz - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Jörg Bätzing - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf154

doi: 10.3205/23dkvf154, urn:nbn:de:0183-23dkvf1543

Published: October 2, 2023

© 2023 Heuer et al.
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Text

Hintergrund und Forschungsfragen: Während des COVID-19-Geschehens einschließlich der folgenden Lockdown-Maßnahmen wurden seit Anfang 2020 bis dahin bestehende Einschränkungen für die Telemedizinnutzung gelockert und finanzielle Anreize geschaffen, Leistungen der Telemedizin stärker vertragsärztlich zu nutzen. Ziel der Studie war die Charakterisierung von Patienten mit telemedizinischen Leistungen sowie die Darstellung abrechnender Fachgruppen und des telemedizinischen Leistungsumfangs.

Methode: Telemedizinische EBM- Leistungen wurden gemäß Definition der AG Telemedizin der Bundesärztekammer ausgewählt. Datengrundlage waren die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß § 295 SGB V der Jahre 2017 bis 2021. Studienpopulationen waren alle Vertragsärzte/-psychotherapeuten sowie GKV- Versicherte mit Arztkontakt.

Ergebnisse: 2020 und 2021 kam es zu einem deutlichen Anstieg des Anteils der Telemedizin abrechnenden Vertragsärzte und -psychotherapeuten auf knapp 25% (2017 4,5%). Der dafür angeforderte Honoraranteil (2021: 0,8% 2017: 0,0%) sowie der Anteil der GKV-Patienten mit telemedizinischer Versorgung (2021: 1,9%, 2017: 0,2%) stiegen auf niedrigem Niveau ebenfalls an. Nach dem sprunghaften Anstieg telemedizinischer Leistungen im Jahr 2020 sind diese überwiegend dem psychotherapeutischen Versorgungsbereich zuzuordnen Die mittlere Honoraranforderung je Patient für alle abgerechneten Leistungen (Telemedizin und übrige Leistungen) bei Patienten mit Telemedizinleistungen war überdurchschnittlich (2021: 1.777 Euro) im Vergleich zur übrigen GKV-Versichertenpopulation (2021: 594 Euro). Der Anstieg der Patientenzahlen mit telemedizinischen Leistungen erfolgte im ersten Pandemiejahr 2020 weit überwiegend bei Patienten mit erstmaliger telemedizinischer- Verordnung. Diese „neuen“ Telemedizinpatienten wohnten zu 39% in Großstädten, waren unabhängig vom Kreistyp ihres Wohnortes im Mittel jünger (42 Jahre; übrige Patienten 46 Jahre) und zu einem höheren Anteil Frauen (63%; übriger Patientinnenanteil 54%)

Diskussion: Unter den geänderten Rahmenbedingungen der COVID-19-Pandemie wurden telemedizinische Leistungen von deutlich mehr Vertragsärzten/-psychotherapeuten angeboten und abgerechnet als bis 2019. Telemedizin wurde in der Akutphase der Pandemie im Jahr 2020 in der Vertragsärzte und -psychotherapeutenschaft mit Schwerpunkt im Bereich Psychotherapie schnell als Alternative zum bestehenden Modus des Arztkontakts implementiert, wobei insbesondere die Psychotherapie Vorreiter war. Nach einer gewissen Bewährung in Krisenzeiten bleibt zu beobachten, welche Rolle Telemedizin zukünftig in zunächst nicht pandemisch geprägter Lage spielen wird.

Implikationen für die Versorgung: Zu untersuchen bleibt vorrangig u.a., wie das Zusammenspiel der Behandlungspfade Telemedizin und direkter Arzt-Patient-Kontakt in den Vertragsarztpraxen abläuft, z.B. auch deren zeitliche Abfolge auf individueller Ebene. Weitere wichtige zukünftige Forschungsfragen sind die patientenseitige Akzeptanz sowie auch räumliche Unterschiede bei der Verfügbarkeit der für telemedizinische Leistungen erforderlichen Technologien.