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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Standardisierung trifft auf heterogene Erfahrungen und Einstellungen – erste Ergebnisse der qualitativen Evaluation des APU-Pfads

Meeting Abstract

  • Andreas Wagenknecht - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Katharina Verleger - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Johann Frick - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Anna Slagman - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Liane Schenk - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf069

doi: 10.3205/23dkvf069, urn:nbn:de:0183-23dkvf0698

Published: October 2, 2023

© 2023 Wagenknecht et al.
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Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Atraumatische Bauchschmerzen sind einer der häufigsten Vorstellungsgründe in der Notaufnahme. Mit der Abdominal Pain Unit (APU) wurde ein standardisierter Behandlungspfad inkl. einer elektronischen Unterstützung in Form einer App entwickelt, implementiert und evaluiert. Die neue Versorgungsform APU soll das Management der diagnostisch besonders herausfordernden Population der atraumatischen Bauchschmerzpatient*innen von der Vorstellung bis zur Diagnosestellung und Weiterbehandlung strukturieren und damit die Versorgungsqualität insgesamt verbessern.

Fragestellung und Zielsetzung: Der Beitrag hat zum Ziel, die Erfahrungen von Ärzt*innen mit der APU zu rekonstruieren.

Methode: Der Beitrag basiert auf einem qualitativen Modul der Mixed Methods-Evaluation des APU-Pfads. Es wurden 35 Expert*inneninterviews mit APU-erfahrenen Ärzt*innen durchgeführt. Mit Hilfe eines Leitfadens wurden verschiedene Aspekte der Anwendung des APU-Pfades und die Erfahrungen der Ärzt*innen erfasst. Mittels Dokumentarischer Methoden wurden vertiefende Interpretationen durchgeführt und intersubjektiv im Rahmen von interdisziplinären Interpretationsgruppen validiert. Im Mittelpunkt der Interpretationen stehen das Orientierungswissen, typische Erfahrungen und Einstellungen der Ärzt*innen und die aus ihrer Sicht vorliegenden hemmenden und fördernden Faktoren der APU-Intervention.

Ergebnisse: Die APU und die sie begleitende App werden grundlegend als positiv und sinnvoll eingeschätzt. Vor allem jüngere Ärzt*innen empfinden den APU-Pfad als hilfreich, um die eigene Vorgehensweise zu strukturieren, Entscheidungen abzusichern und Unterstützung und Ideen für die Diagnostik zu erhalten. Zugleich verstehen erfahrenere Ärzt*innen den APU-Pfad eher als Bestätigung ihrer routinierten Behandlungsweise und sehen die Gefahr einer Überdiagnostik, sobald die eigene klinische Erfahrung der Erfüllung eines Standardpfades geopfert wird. Weiterhin wird im Beitrag differenziert, welche Aspekte der APU die Ärzt*innen als bedeutsam für den Prozess empfinden und wie sich die Technologie in die zeitkritischen Arbeitsabläufe integriert hat (z.B. Ablehnung eines Tablets, Vorteile und Schwierigkeiten der App-Nutzung).

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass eine Standardisierung und die sie begleitende Technologie für Ärzt*innen mit heterogenen Erfahrungen und Einstellungen eine jeweils unterschiedliche Bedeutung annimmt. Eine Vereinheitlichung des Behandlungsablaufs trifft auf heterogene Wissensbestände, Erfahrungshintergründe und professionelle Selbstverständnisse. Diese sind je nach beruflicher Erfahrung eher fördernd oder eher hemmend bei der Implementation einer neuen Versorgungsform.

Implikation für die Versorgung: Die Rekonstruktion des praktischen Wissens und der Erfahrungshintergründe behandelnder Ärzt*innen dient dem besseren Verständnis der Umsetzung einer Behandlungsstandardisierung bzw. neuen Versorgungsform. Der alltägliche Sinn und Nutzen einer Versorgungsinnovation sowie mögliche Nebeneffekte und Risiken können so besser verstanden, eingeschätzt und auf der Basis empirischer, qualitativer Daten reflektiert werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF19025