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Digitale Medien im Kontext des Arzt-Patienten-Verhältnisses im niedergelassenen Bereich: Eine deutschlandweite Querschnittserhebung unter Dermatologen und dermatologischen Patienten (MEDI-DIGITAL)
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Published: | October 2, 2023 |
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Hintergrund und Stand der Forschung: Immer mehr Menschen nutzen digitale Medien, um anonym und ohne Verzögerung auf ein breites Spektrum an Gesundheitsinformationen zuzugreifen. In der Dermatologie sind digitale Medien besonders nützlich, da es sich um ein visuelles Fachgebiet handelt. Evidenzbasierte Daten über den Einfluss digitaler Medien auf die Arzt-Patienten Beziehung im niedergelassenen Bereich werden noch benötigt, um einen positiven Wandel in der medizinischen Praxis zu gewährleisten.
Fragestellung: Wie schätzen Patienten und Dermatologen den Einfluss der Nutzung von digitalen Medien auf die Arzt-Patienten Beziehung ein.
Methode: Patienten mit Hauterkrankungen wurden über off- und online Kanäle rekrutiert und eine Zufallsstichprobe von 950 Dermatologen aus dem Verzeichnis der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu Studienteilnahme eingeladen. Teilnehmende füllten einen Papier- oder Online-basierten Fragebogen zum Alter, Geschlecht, dem Stellenwert digitaler Medien im Kontext der medizinischen Versorgung (7-stufige Skala, 1=“unwichtig“ - 7=“extrem wichtig“), sowie dem Einfluss der Nutzung von digitalen Medien auf verschiedene Aspekte der Arzt-Patienten Beziehung aus (5-stufige Skala, 1=“trifft nicht zu“ - 7=“trifft zu“). Patienten wurden zudem zu deren Vertrauen in den behandelnden Dermatologen sowie in digitalen Medien befragt (7-stufige Skala, 1=“kein Vertrauen“ - 7=“äußerst starkes Vertrauen“). Es wurden deskriptive Analysen durchgeführt.
Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 391 Patienten und 193 Dermatologen (Frauen: 59,8% bzw. 53,9%, mittleres Alter: 45,5 (±17,3) bzw. 48,8 (±8,9) Jahre). Verglichen mit den Dermatologen schrieben Patienten digitalen Medien eine wichtigere Rolle zu und bewerteten den Einfluss derer auf die Arzt-Patienten Beziehung positiver (Mittelwert (MW)= 4,1 (±1,0) vs. 4,9 (±1,5); p<0,001 bzw. MW=2,91 (±0,5) vs. 3,4 (±0,6); p<0,001). So gaben 70,5% der Patienten und 57,1% der Dermatologen an, dass der Patient durch die Nutzung digitaler Medien aktiver am Entscheidungsprozess mitwirken kann. Knapp die Hälfte der Patienten gaben an, dass es ihnen schwerfällt, genau nachzufragen, wenn sich das vorab online gelesene von dem unterscheidet, was der Arzt erzählt und 40,9% der Dermatologen gaben an, dass vorinformierte Patienten mit mehr Erklärungsbedarf einhergehen. Obwohl Patienten grundsätzlich ein stärkeres Vertrauen in den Dermatologen als in digitale Medien zeigten (MW=4,8 (±1,4) vs. 4,1 (±1,2); p<0,001), äußerten 85% der Patienten Misstrauen in ihren Dermatologen, wenn sich die digitale Vorabinformation von der Arztinformation unterscheidet.
Diskussion: Den Ergebnissen zufolge, haben digitale Medien insgesamt keinen zusätzlichen Nutzen bezogen auf die Arzt-Patienten Beziehung. Dennoch wird deutlich, dass digitale Medien die aktive Mitwirkung der Patienten am Entscheidungsprozess bereits jetzt begünstigt.
Implikation für die Versorgung: Digitale Medien sollten aktiv in die Kommunikation zwischen Arzt und Patienten aufgenommen und falsche Vorabinformationen aus digitalen Medien dringend identifiziert werden, um das Vertrauen in den Arzt aufrecht zu erhalten und das Potenzial der digitalen Medien gesamtheitlich nutzen zu können.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF20009