Article
Nicht diagnostiziert, nicht dokumentiert oder schwieriger Zugang? Registerbasierte Häufigkeit von Menschen mit diagnostizierter Demenz in der palliativen Versorgung
Search Medline for
Authors
Published: | October 2, 2023 |
---|
Outline
Text
Hintergrund und Stand der Forschung: Bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz, einer unheilbaren und lebensbegrenzenden Krankheit, besteht die Gefahr, dass ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Deshalb unterliegen sie dem Risiko, eine reduzierte Lebensqualität am Ende des Lebens haben. Auch sie benötigen daher eine spezialisierte Palliativversorgung. Bisher mangelt es an empirischen Daten zur Häufigkeit dieser Gruppe in einem spezialisierten Palliativpflegekontext.
Fragestellung und Zielsetzung: Wie häufig ist die Dokumentation einer Demenzdiagnose bei PatientInnen in der spezialisierten Palliativversorgung?
Methode: Retrospektive Analyse der dokumentierten Demenzdiagnosen im Deutschen Nationalen Hospiz- und Palliativregister seit 2009 in der Patientenpopulation über 64 Jahre.
Ergebnisse: Das Register umfasst 69.116 Datensätze von Menschen im Alter über 64 Jahren; 3,3% von ihnen hatten dokumentierte Demenz als Hauptdiagnose (ICD-10: F00-F03; G30). Auf Palliativstationen betrug die Häufigkeit 0,8% (148 von 19.161), bei stationären Palliativdiensten 2,2% (52 von 2.380) und in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung 4,3% (2.014 von 46.803). Die Prävalenz von Demenz war im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung niedriger: die Häufigkeit bei über 64-Jährigen beträgt laut Literatur 8,6% (Bickel 2020). Palliativ versorgte PatientInnen mit dokumentierter Demenz verstarben deutlich häufiger als PatientInnen mit anderen Diagnosen in der Palliativversorgung. Letztere wurden signifikant häufiger in andere (Palliativ-)Pflegeeinrichtungen verlegt oder in ihr Wohnumfeld entlassen (χ² = 161,898; p < .001).
Diskussion: Die Demenzprävalenz ist in den Daten des Nationalen Hospiz- und Palliativregisters niedriger als nach Erhebungen zur Allgemeinbevölkerung zu erwarten wäre. Es bleibt unklar, ob die Unterrepräsentation diagnostizierter Demenz auf eine mangelnde Kodierung von Demenzdiagnosen oder auf einen verminderten Zugang von Menschen mit Demenz zu palliativer Versorgung zurückzuführen ist.
Implikation für Versorgung: Ein sorgfältiger Umgang in der Kodierungspraxis mit Demenzdiagnosen ist notwendig. Zuweiser und Versorger müssen für die palliativen Bedürfnisse schwer betroffener Menschen mit Demenz sensibilisiert werden. Damit kann die Lebensqualität am Lebensende und die Qualität des Sterbens dieser Menschen positiv gestaltet werden.