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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Personalbedarf in der hessischen Gesundheitsversorgung

Meeting Abstract

  • Max Geraedts - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Medizin, Marburg, Deutschland
  • Annette Ortwein - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Medizin, Marburg, Deutschland
  • Mira Otto - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Medizin, Marburg, Deutschland
  • Christian Jesberger - Fachbereich Gesundheitswissenschaften, Hochschule Fulda, Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Fulda, Deutschland
  • Stefan Greß - Fachbereich Gesundheitswissenschaften, Hochschule Fulda, Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Fulda, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf420

doi: 10.3205/22dkvf420, urn:nbn:de:0183-22dkvf4209

Published: September 30, 2022

© 2022 Geraedts et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Um den mit der demographischen Alterung einhergehenden Bedarf an Gesundheitsversorgung vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in Zukunft bewältigen zu können, sind verlässliche Zahlen zur regionalen Gesundheitspersonalsituation notwendig.

Fragestellung und Zielsetzung: Das Projekt stellt die aktuelle Personalausstattung in der hessischen Gesundheitsversorgung kleinräumig dar und prognostiziert den Personalbedarf für 2030. Dabei wird nicht nur der alters- und bevölkerungsstrukturbedingte Ersatzbedarf, sondern auch der Bedarf anhand der regionalen Krankheitslast berücksichtigt.

Methode oder Hypothese: Die Analysen umfassen die ambulante ärztliche- als auch pflegerische- (Akut- und Langzeitpflege) sowie die physiotherapeutische- und Hebammenversorgung. Daten zur regionalen Bevölkerung, dem Personal-Ist-Zustand und der kleinräumigen Verteilung gesundheitsrelevanter Merkmale und der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen wurden verknüpft. Der morbiditätsbedingte Personalbedarf wurde auf der Basis der Prävalenz der häufigsten ambulanten Diagnosen, der in Leitlinien dazu empfohlenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sowie in Vergütungskatalogen angegebenen Kalkulationszeiten berechnet. Mithilfe der Small Area Estimation wurden überregional vorliegende Daten kleinräumig modelliert und mit Daten zur regionalen Bevölkerungs- und Morbiditätsentwicklung Prognosen erstellt.

Ergebnisse: Nur in wenigen Regionen Hessens wird der ermittelte Gesundheitspersonalbedarf aktuell und in Zukunft gedeckt. Für 2019 reichte das Pflegepersonal nur, wenn der bestehende Zeitmangel pro Pflegebedürftigem fortgeschrieben wird. Auch bei Physiotherapeut*innen und Hebammen wird der Bedarf im Status Quo nicht gedeckt. Bei Ärzt*innen wird der morbiditätsbedingte Vollzeitäquivalent-Bedarf um den Faktor 1,3 (in Wiesbaden) bis zum Faktor 6,5 (Main-Taunus-Kreis) unterschritten, wobei vor allem Hausärzt*innen, aber auch Orthopäd*innen und (psychologische) Psychotherapeut*innen fehlen. Prognostisch gilt sowohl für die Prognose auf der Basis des altersbedingten Ersatzbedarfs unter Berücksichtigung der Ausbildungskapazitäten als auch für die Prognose des morbiditätsbedingten Bedarfs, dass Unterdeckungen zu erwarten sind. Morbiditätsbedingt müsste allein die Anzahl Pflegekräfte von aktuell 32 auf 54 Tsd. und die der Physiotherapeut*innen von 10 auf 40 Tsd. im Jahr 2030 ansteigen.

Diskussion: Um langfristig eine den morbiditätsbedingten Bedarf qualifiziert deckende Versorgung der alternden Bevölkerung garantieren zu können, bedarf es vielfältiger Anstrengungen.

Praktische Implikationen: Vor allem sollte die Attraktivität der Gesundheitsberufe durch weitgehende Veränderungen der Rahmenbedingungen gesteigert werden, um den Anteil Vollzeittätiger und die Zahl Auszubildender zu erhöhen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die im Projekt offenbarten methodischen Hürden verlangen nach einer einheitlicheren Erfassung der Personalsituation und kleinräumigen Morbidität sowie dazu notwendigen Kapazitäten, um in Zukunft sicherere Prognosen ableiten zu können.

Förderung: Sonstige Förderung