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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Der Einsatz von routinedatengestützten Prognosemodellen im Entlassmanagement – Ergebnisse der Prozessevaluation des USER-Projekts

Meeting Abstract

  • Ruth Lingnau - aQua-Institut GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Thorsten Pollmann - aQua-Institut GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Gerald Willms - aQua-Institut GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Björn Broge - aQua-Institut GmbH, Göttingen, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf317

doi: 10.3205/22dkvf317, urn:nbn:de:0183-22dkvf3178

Published: September 30, 2022

© 2022 Lingnau et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Trotz neuer gesetzlicher Grundlagen und verbesserter Strukturen im Entlassmanagement kommt es bei der Überleitung von Patienten aus dem Krankenhaus in die nachstationäre Versorgung noch immer zu Versorgungsbrüchen. Im Rahmen des vom Innovationsfonds geförderten USER-Projekts (Umsetzung eines strukturierten Entlassmanagements mit Routinedaten, Fördernummer 01NVF18010) soll das Entlassmanagement mithilfe von routinedatenbasierten Prognosemodellen zur Vorhersage des nachstationären Versorgungsbedarfs verbessert werden.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen der Prozessevaluation wird untersucht, ob die Implementierung der routinedatenbasierten Prognosemodelle erfolgreich war, zu einer frühzeitigen und validen Einschätzung von Versorgungsbedarfen führt und der Übergang von der stationären in die nachstationäre Versorgung verbessert werden kann.

Methode oder Hypothese: In der Interventionsstudie wurden die Prognosemodelle in zehn Krankenhäusern in NRW elf Monate lang (September 2020 bis Juli 2021) getestet. Für die Evaluation der Prozesse wurden zu zwei Zeitpunkten (zur Mitte und zum Ende der Interventionsphase) insgesamt 28 qualitative, leitfadenbasierte Experteninterviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Krankenhäuser (z.B. Sozialdienst, Entlassmanagement, Stationsleitungen) geführt sowie Prozessdaten der Modellnutzung analysiert.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die Prognosemodelle von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern grundsätzlich als sinnvolle Unterstützung im Entlassmanagement gesehen werden. Genutzt wurden sie vor allem zur Bedarfsermittlung, Priorisierung von Patientinnen und Patienten und zur Überprüfung der eigenen Einschätzung hinsichtlich des weiteren Versorgungsbedarfs. Hinderlich in Bezug auf die Nutzung der Modelle waren u.a. ein teils hoher Aufklärungsaufwand, eine eingeschränkte Verfügbarkeit (Modelle nur nutzbar für Patienten der beteiligten Krankenkassen) und ein Mangel an aktuellen Informationen, z.B. zum aktuellen Gesundheitsstatus und der Versorgungssituation der Patientinnen und Patienten.

Diskussion: Routinedaten der Krankenkassen besitzen das Potenzial, die Ersteinschätzung des Nachsorgebedarfs zu unterstützen. Aufgrund einiger Limitationen der Routinedatennutzung im Rahmen des Entlassmanagements sollten Entscheidungen allerdings nicht ausschließlich auf Grundlage dieser getroffen werden.

Praktische Implikationen: Das Projekt zeigt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser keine Berührungsängste mit der neuen digitalen Unterstützung durch Routinedaten haben und sie diese als hilfreich in Hinblick auf den Patientennutzen wahrnehmen. Dennoch stellt v.a. der Datenschutz eine grundsätzliche Hürde einer sektorenübergreifenden Nutzung von digitalen Unterstützungstools dar.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Um die Überleitung von Patientinnen und Patienten aus dem Krankenhaus in die nachstationäre Versorgung zu verbessern, gilt es vor allem die Sektoren der Gesundheitsversorgung durch eine frühzeitige Informationsweiterleitung zu verbinden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF18010